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Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung

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KUNSTWISSENSCHAFTEN 118<br />

Eliten bestrebt waren, sich zunächst im gesellschaftlichen Gefüge<br />

Roms zu positionieren und ihren neu gewonnenen Status künstlerisch<br />

angemessen auszudrücken, um daraus – gerade im Hinblick<br />

auf die familiären Ambitionen im nächsten Konklave – zukünftige<br />

Ansprüche abzuleiten. Neben Palästen und Villen, Kunstsammlungen<br />

und Kapellen dürften somit auch Grabmäler probates Mittel familiärer<br />

Selbstdarstellung und Selbsterhaltung gewesen sein. Demnach<br />

ist vor allem der Frage nachzugehen, inwieweit testamentarische<br />

Vorgaben eines Pontifex berücksichtigt, modifiziert, ja sogar<br />

verworfen wurden, oder die Erinnerung an den Pontifex von den persönlichen<br />

Interessen der Auftraggeber seines Grabmals überlagert<br />

bzw. dominiert wurde.<br />

Künstler: War der Künstler bestrebt, sich über die gängigen Ausdrucksformen<br />

künstlerischen Selbstbewusstseins hinaus im Papstgrabmal<br />

ein Denkmal zu setzen, so darf davon ausgegangen werden,<br />

dass das einzigartige Prestige, das mit einem solchen Auftrag verbunden<br />

war, in besonderem Maße zu künstlerischen Höchstleistungen<br />

anspornte. Ein Künstler, der mit der Ausführung eines Papstgrabmals<br />

betraut war, wird jedenfalls in dem Bewusstsein gearbeitet haben,<br />

dass angesichts des mit dem Tod eines Papstes stets neu formulierten<br />

Auftrags sein Entwurf vornehmlich der Kritik künftiger Bildhauer im<br />

Dienste des Pontifex standzuhalten hatte. Dieses Bemühen um Individualität<br />

drückt sich nicht selten in einer kombinatorisch verfahrenden<br />

Entwurfspraxis aus, die sich zwar deutlich erkennbar mit den Bezugsgrößen<br />

päpstlicher Sepulkralkunst auseinandersetzte, jedoch gerade<br />

in der Kombinatorik und Modifizierung von Mustergültigem und<br />

Meisterhaftem durch Akzentverschiebungen Meisterhaftes zu überbieten<br />

oder neu zu definieren suchte. Diese Tendenzen sind vor allem<br />

für St. Peter als einem Ort zu belegen, an dem nicht nur verschiedene<br />

Bildhauer, sondern Skluptur, Malerei und Architektur in einen<br />

grundsätzlichen, alle Gattungen umfassenden Wettstreit involviert<br />

sind und gegeneinander „antreten“.<br />

Ikonographie: Obwohl Papstgrabmäler immer auch ein Spiegel der<br />

Interessen von Auftraggebern und Künstlern sind, dienen sie doch in<br />

erster Linie der apostolischen Memoria, deren Träger vor allem die<br />

Skulptur ist. Während die Assistenzfiguren eines Grabmals der Charakterisierung<br />

von Amt und Amtsträger dienen und ein spezifisch<br />

christliches Tugendkonzept zu reflektieren scheinen, treten die narrativen<br />

Reliefs, die meist in historisch fokussierenden Blicken ein bestimmtes<br />

politisches Ereignis aus dem Leben des Pontifex darstellen,<br />

in den Dienst einer retrospektiven Memoria. Mit diesem in die Vergangenheit<br />

gerichteten Blick korrespondiert mit der vollplastischen,<br />

thronenden Papststatue ein Darstellungsmodus, der oftmals im<br />

Dienst einer überpersönlichen Ikonographie und prospektiven Memoria<br />

steht. An der Inszenierung dieses in die Zukunft gewandten<br />

Blicks scheint wiederum gerade die Architektur maßgeblichen Anteil<br />

zu haben, weil sie – über das leitmotivisch verwendete Triumphbogenmotiv<br />

hinaus – pointiert eingesetztes Mittel ist, den Vicarius

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