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Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung

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5<br />

Geschichte, Sprache und Kultur<br />

Ein Prozess zunehmender Spezialisierung ist für die Geschichte<br />

und Gegenwart aller Fächer und Wissensbereiche kennzeichnend.<br />

Er führt fachintern immer wieder zu einem Überdenken des Wissenskanons<br />

und der Methoden, die in einer Disziplin als verbindlich<br />

angesehen werden, und zur Neuordnung der Gegenstandsbereiche,<br />

mit denen sich ein Fach befasst. Fachextern wird dieser Prozess von<br />

einer Neubestimmung der Beziehungen zu anderen Fächern begleitet,<br />

die veränderte Disziplinkoalitionen und die Bildung neuer<br />

Fächer zur Folge haben kann. In den letzten Jahrzehnten haben<br />

sich diese Wandlungsprozesse in den Wissenschaften durch die<br />

zunehmende Globalisierung und das Vordringen der elektronischen<br />

Medien noch weiter beschleunigt und zugleich qualitativ verändert.<br />

Der Kulturenkontakt wird enger. Zugleich entwickeln sich Medien<br />

universaler Kommunikation, die Sprach- und Kulturgrenzen immer<br />

durchlässiger und Gleichzeitigkeit zu einem bestimmenden Merkmal<br />

des wissenschaftlichen Austauschs machen.<br />

Stärker noch als in der Vergangenheit versuchen einzelne Disziplinen,<br />

auf diese Wandlungsprozesse mit neuen Nomenklaturen und<br />

nicht zuletzt Umbenennungen des Fachnamens zu reagieren. Für die<br />

Geisteswissenschaften gilt dies in besonderem Maße – nicht nur in<br />

Deutschland, sondern auch dort, wo es um die „Humanities“ oder die<br />

„Sciences humaines“ geht. Im Förderungsbereich „Geschichte,<br />

Sprache und Kultur“ soll auf die eben genannten Wandlungsprozesse<br />

der Geisteswissenschaften mit angemessener Offenheit reagiert<br />

werden. Unstrittig ist, dass sich die klassischen Geisteswissenschaften<br />

deutschen Ursprungs nicht zuletzt unter dem Einfluss der<br />

angelsächsischen Forschung zu Kulturwissenschaften entwickelt haben.<br />

Sie haben ihre eurozentrische Perspektive abgelegt und nutzen<br />

seit langem Theorie- und Methodenangebote aus anderen Fachgruppen<br />

zu ihrem eigenen Vorteil. Sie sind nicht länger darauf konzentriert,<br />

ein erkenntnistheoretisches Paradigma in Absetzung von<br />

den Naturwissenschaften zu entwickeln, sondern sehen, um nur ein<br />

Beispiel zu nennen, die Fruchtbarkeit der Kooperation mit den kognitiven<br />

Neurowissenschaften. Nicht zuletzt der Querschnittbereich<br />

„Bild und Bildlichkeit“ soll Forschungen unterstützten, die nicht nur<br />

verschiedene Fächer, sondern Fach“kulturen“ in der Orientierung<br />

an einem neuen, „ikonischen Erkenntnismodell“ miteinander vernetzen.<br />

Gleichzeitig soll im Förderungsbereich „Geschichte, Sprache und<br />

Kultur“ das Erbe der traditionellen Geisteswissenschaften gewahrt<br />

und fruchtbar weiterentwickelt werden. Trotz aller fachlichen Neukombinationen<br />

bleibt der Rückbezug auf „traditionelle“ Fächer wie<br />

die Philosophie und die Theologie wichtig, die ebenfalls in Wandlungsprozessen<br />

begriffen sind, zugleich aber weiterhin erkenntnisleitende<br />

Orientierungen bieten, die allen Fächern im weiten Bereich<br />

der Geistes- und Kulturwissenschaften von Nutzen sein können.

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