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Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung

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45<br />

GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN<br />

ten bis hin zu den Ländern der Böhmischen Krone. Dadurch wird ein<br />

Blick auf die Übergänge und Migrationsvorgänge von Juden vom<br />

Kerngebiet der „Germania“ in die Länder Ostmitteleuropas im Spätmittelalter<br />

eröffnet.<br />

Prof. M. Matheus (Historisches Seminar III, Universität Mainz) erhält<br />

von der <strong>Stiftung</strong> Fördermittel für das Projekt „Juden in Kurmainz –<br />

Frühe Neuzeit: 1484–1673“. Bearbeiter ist Dr. W. Marzi.<br />

Das Forschungsvorhaben hat zum Ziel, die Geschichte der Juden im<br />

größten geistlichen Territorium des Reiches für die frühe Neuzeit zu<br />

untersuchen. Die Untersuchung beginnt mit dem Mainzer Kurfürsten<br />

Berthold von Henneberg (1484–1504) und endet mit der Regierungszeit<br />

Philipps von Schönborn (1647–1673). Arbeitsschwerpunkte bilden<br />

das Unterstift unter Einschluss von Oberlahnstein und die zum<br />

Domkapitel gehörenden Orte, das Oberstift und die hessischen Exklaven.<br />

Das Kurfürstentum Mainz stellte sich zu Beginn der Neuzeit als ein<br />

vielgestaltiges Gebilde weit voneinander entfernt liegender Landesteile<br />

mit unterschiedlichen rechtlichen, administrativen, sozialen,<br />

wirtschaftlichen und kulturellen Voraussetzungen dar. Es bestand<br />

aus dem Unterstift um Mainz und Bingen, dem Oberstift am unteren<br />

Main um Aschaffenburg und Tauberbischofsheim, an der Bergstraße<br />

und im Odenwald. Dazu kamen Besitzungen in Thüringen (Erfurt),<br />

im Eichsfeld und Streubesitz in Hessen. Die Mainzer Landesherren<br />

gehörten als Erzbischöfe und Reichserzkanzler zu den einflussreichsten<br />

Persönlichkeiten im Reich und in der Kirche, hatten jedoch im<br />

Inneren stets auch die konkurrierenden Herrschaftsansprüche (z. B.<br />

des regionalen Adels und des Mainzer Domkapitels) und die sich aus<br />

der geographischen Lage ergebenden interterritorialen Interdependenzen<br />

zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die protestantischen<br />

Nachbarn. Zu diesen gehörten u. a. die lutherische Landgrafschaft<br />

Hessen-Darmstadt, die lutherischen Reichsstädte Worms und<br />

Frankfurt und die calvinistische Kurpfalz.<br />

Im Mittelalter war das kurmainzische Territorium eine bevorzugte<br />

Siedlungslandschaft der Juden. In Kurmainz lebten im Spätmittelalter<br />

und zu Beginn der Neuzeit in 66 Orten einzelne Judenfamilien<br />

oder es bestanden jüdische Gemeinden. Ihre Geschichte war wie die<br />

Geschichte ihrer christlichen Umwelt geprägt von den zahlreichen<br />

kriegerischen Ereignissen zwischen Bauernkrieg und westfälischen<br />

Frieden, wechselnden Katastrophen (Hungerjahre, Seuchen, Hexenprozesse)<br />

und wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und religiösen<br />

Umbrüchen. Als Angehörige einer nichtchristlichen Religionsgemeinschaft<br />

hatten die Juden jedoch innerhalb der Gesellschaft einen<br />

besonderen Status. Die kaiserliche Oberherrschaft über die Juden<br />

verlagerte sich in der frühen Neuzeit auf die Schutzherrschaft der<br />

Territorialherren, die über ihre Aufnahme, ihren Aufenthalt und<br />

ihren Schutz zu bestimmen hatten. Der Judenschutz war an bestimmte<br />

Abgaben gebunden, vor allem an das Schutzgeld. Die Ju-<br />

Kurmainz<br />

Juden

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