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Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung

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Japanischdeutsches<br />

Wörterbuch<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 168<br />

Institution in einer neuen in den internationalen Konzessionen<br />

Shanghais entstehenden chinesischen Öffentlichkeit zu machen. Der<br />

Shenbao-Verlag war der erste Verlag in China, der ein landesweites<br />

Vertriebsnetz aufbaute und dadurch auch eine nationale Ausstrahlung<br />

entfalten konnte. Die Leser kamen in erster Linie aus den Reihen<br />

der chinesischen wirtschaftlichen und politischen Eliten der weiteren<br />

Umgebung Shanghais und der Küstenprovinzen, aber auch Diplomaten<br />

und einflussreiche Regierungsbeamte zählten dazu. Damit<br />

übte die Shenbao in einer Zeit, als der chinesische Staat nicht zuletzt<br />

durch die westliche Expansion unter erheblichen Erneuerungsdruck<br />

geriet, eine Schlüsselfunktion für die Herausbildung eines chinesischen<br />

Modernisierungsdiskurses aus. In ihren Leitartikeln kommentierte<br />

sie aktuelle Entwicklungen und gab innovative Impulse für politische<br />

Entscheidungsprozesse, sie war das Medium par excellence<br />

für die Auseinandersetzung mit „dem Westen“, und durch ihr tägliches<br />

Erscheinen dokumentierte sie Diskussionen in einer unmittelbaren<br />

und nicht durch spätere Editionsprozesse manipulierten Form.<br />

Der thematische Rahmen war dabei denkbar umfassend: von der Misere<br />

von nach Übersee verschifften chinesischen Kulis und gekidnappten<br />

Mädchen und Frauen über das soziale Engagement lokaler<br />

Eliten bis hin zur Steuerpolitik und dem Zustand der Staatsfinanzen,<br />

von der Notwendigkeit der Einführung der Eisenbahn über Fragen<br />

der nationalen Verteidigung und der Militärreform bis hin zu Strategien<br />

für den Umgang mit dem Opiumhandel und -konsum wurde alles<br />

diskutiert. Gerade als eine ausländische chinesischsprachige Zeitung,<br />

die in diesen sensiblen Debatten, die letztlich alle von nationaler<br />

Bedeutung waren, weithin hörbar ihre Stimme erhob, ermöglichte<br />

es die Shenbao, die üblichen Kolonialismus/Imperialismus-Erklärungsmodelle<br />

zu hinterfragen und anhand sehr spezifischer Testfälle<br />

differenziertere Deutungsmuster zu entwickeln.<br />

Ziel des Projekts ist die systematische inhaltliche Erfassung der Leitartikel<br />

der Shenbao von ihrer Gründung im Jahr 1872 bis 1898, dem<br />

Jahr der Hunderttagereform. Damit wird der Zugang zu diesem reichen<br />

Quellenschatz ungeheuer erleichtert. Die Veröffentlichung im<br />

Internet wird derzeit vorbereitet, eine kontinuierliche Weiterarbeit<br />

an den Inhalten und die Integration von Kommentaren der Benutzer<br />

ist vorgesehen.<br />

Die Erstellung eines „Großen japanisch-deutschen Wörterbuches“ ist<br />

Gegenstand eines durch die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong> mitfinanzierten<br />

Vorhabens von Prof. I. Hijiya-Kirschnereit, Deutsches Institut für Japanstudien,<br />

Tokyo.<br />

Das japanisch-deutsche Wörterbuch soll als verlässliche Grundlage<br />

für zukünftige Generationen von Japanforschern dienen und die<br />

deutsch-japanischen Beziehungen auf allen Ebenen (Politik, Gesellschaft,<br />

Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur) unterstützen. Das Wörterbuch<br />

ist als bilingual-lexikographische Dokumentation in erster Linie<br />

der japanischen Gegenwartssprache (seit dem Zweiten Weltkrieg)<br />

gedacht, schließt darüber hinaus aber auch die wissenschaftssprach-

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