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Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung

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213<br />

SOZIOLOGIE<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Relevanz von kommunikativen<br />

Schemata für die Strukturierung der öffentlichen Meinung – und<br />

damit zusammenhängend für politisches Entscheiden und die massenmediale<br />

Kommunikation – am Beispiel des BSE-Regimes aufzuzeigen.<br />

Die meisten soziologischen Zugriffe auf dieses Thema rekurrieren<br />

entweder auf Interessen oder auf (politische) Kulturen. Mit<br />

dem Interessenbegriff allein kann nicht geklärt werden, wie etwa<br />

das britische Segment des Regimes jahrelang gegen elementare (gesundheitliche<br />

und ökologische) Belange der öffentlichen Meinung<br />

operieren konnte. Mit einem Rekurs auf nationalstaatlich spezifische<br />

Kulturen (der Gefahrenabwehr bzw. der Risikovorsorge) kann dies<br />

ebensowenig geklärt werden, denn diese Kulturen können ebensowenig<br />

wie wirtschaftliche Interessen einfach als geltend unterstellt<br />

werden: Beide Relevanzhorizonte müssen ja durch relevante Teile<br />

der öffentlichen Meinung akzeptiert werden. Mit einem Wort: Interessen<br />

spielen eine Rolle, ebenso wie Kulturen, aber man muss zeigen<br />

können, wie sie mit der öffentlichen Meinung zurecht kommen.<br />

Kommunikative Schemata sind „frames“, die man als Komponenten<br />

der öffentlichen Meinung betrachten kann, soweit diese als Gedächtnis<br />

des politischen Systems (bzw. des aktuellen Risikoregimes)<br />

fungieren. Solche Schemata verhalten sich zu aktuellen Kommunikationen<br />

der Massenmedien, die die öffentliche Meinung repräsentieren,<br />

wie Themen zu Beiträgen. Im BSE-Konflikt kommen etwa<br />

Übertragbarkeits-, Sicherheits-, Vertrauens-, Risikovorsorge- und<br />

Gefahrenabwehrschemata vor. Es wird davon ausgegangen, dass die<br />

Rekursivität der Kommunikation von Massenmedien und Politik –<br />

gekoppelt durch die öffentliche Meinung – sich in solchen Schemata<br />

gleichsam konzentriert. Es werden dann Interessen vergessen, wenn<br />

sie dominanten Schemata widersprechen, oder aber kulturelle Präferenzen<br />

(z. B. für Gefahrenabwehr und gegen Risikovorsorge) stabilisiert,<br />

wenn sie diese Schemata stützen.<br />

Die Relevanz von Schemata wird nicht kausal begründet, sondern<br />

dadurch, dass Bezug genommen wird auf die Rekursivität politischer<br />

und massenmedialer Kommunikation – gekoppelt durch das Medium<br />

der öffentlichen Meinung. Kommunikative Schemata werden als<br />

Korrelate dieser rekursiven Operationen aufgefasst. Formal führt das<br />

zu dem allgemeinen Argument, dass die Unterscheidung zwischen<br />

politischem Entscheiden und öffentlicher Kommunikation (über dieses<br />

Entscheiden) eine Unterscheidung ist, die sich in den Schemata<br />

eben der öffentlichen Meinung dokumentiert.<br />

Durch eine Dokumentenanalyse wurde versucht, diese Zusammenhänge<br />

zu belegen. Die skizzierten Zusammenhänge konnten im<br />

Kontext eines Zweiphasenzyklus plausibilisiert werden, der aus einer<br />

ersten Phase (1988–1996) besteht, die sich auf Konflikt und institutionelle<br />

Intransparenz zwischen den britischen und den kontinentaleuropäischen<br />

Segmenten des Regimes bezieht, und einer zweiten<br />

Phase (1996–2000), die eine allmähliche Umschichtung dieser Variablen<br />

in Richtung Verständigungsbereitschaft und institutionelle

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