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Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung

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27<br />

THEOLOGIE UND RELIGIONSWISSENSCHAFT<br />

tutionell organisierte Praxis der „censura librorum“. Die entsprechenden<br />

Kompetenzen liegen innerhalb der römischen Kurie<br />

zunächst weitgehend bei der 1542 als Behörde begründeten Inquisition<br />

(„Heiliges Offizium“), die im Jahr 1559 einen „Index der verbotenen<br />

Bücher“ publizieren lässt, dem 1564 auf dem Konzil von Trient<br />

ein zweiter folgt. Zu dessen „Reformation“ wird im März 1571 eine<br />

neue Behörde ins Leben gerufen, die „Kongregation für den Index<br />

der verbotenen Bücher“, zu deren Aufgaben bald auch die Behandlung<br />

aktueller Zensurfälle gehört. Bedeutung und Autorität des neugegründeten<br />

Dikasteriums erleben in den folgenden Jahrzehnten<br />

eine sehr wechselhafte Geschichte, deren Ursachen zu ergründen<br />

sich dieses Forschungsprojekt zur Aufgabe gemacht hat. Bleibt die<br />

Tätigkeit der Indexkongregation in den ersten fünfzehn Jahren unregelmäßig<br />

und mehr oder weniger konzeptlos und ineffizient, so<br />

wachsen zensorische Aktivität und Autorität innerhalb der Hierarchie<br />

der Kurie unter Sixtus V. ab 1587 sprunghaft an, nach dessen<br />

Tod die Behörde jedoch wieder an Bedeutung verlieren und den Status<br />

der Jahre 1587–1590 niemals wieder erlangen wird.<br />

Der Schwerpunkt des Projekts lag zunächst darauf, die gesamte<br />

Überlieferung der Indexkongregation (zugänglich seit 1998 im Archiv<br />

der Glaubenskongregation im Vatikan) zu erschließen und ein<br />

vollständiges Arbeitsinventar der Akten der Indexkongregation (Serien<br />

„Protocolli“ und „Miscellanea“, 24 Bände, ca. 11.000 Folioseiten)<br />

zu erstellen; dazu wurden weitere Bestände wie Korrespondenz<br />

und diverse Register gesichtet und zahlreiche Dokumente transkribiert.<br />

In der Zusammenschau dieser Überlieferung mit den sogenannten<br />

„Diarii“, die im Rahmen des Projekts mit umfassendem<br />

Kommentar ediert werden (Band I: Sitzungsprotokolle von 1571 bis<br />

1606, 187 Folio-Seiten), ergibt sich ein nahezu vollständiges Bild der<br />

behördlichen Abläufe, der Inhalte und des beteiligten Personals, auf<br />

dessen Grundlage nun eine Untersuchung zur bislang nur spärlich<br />

erforschten Behördengeschichte der Indexkongregation vorgenommen<br />

wird.<br />

Diese Untersuchung bildet das Fundament für eine weiterführende<br />

Arbeit zur Rolle dieser Behörde im römischen Zensurapparat. In der<br />

erfassten Überlieferung findet sich umfassendes Material, das für das<br />

letzte Jahrzehnt des 16. Jh. zahlreiche und schwerwiegende Interventionen<br />

des Heiligen Offiziums in die Geschäfte der Indexkongregation<br />

belegt, die sich – in den ersten sechzehn Jahren durch die eigene<br />

Ineffizienz eher marginalisiert – unter Sixtus V. zu einem ernsten<br />

Rivalen in Sachen Bücherzensur entwickelt hatte, was die<br />

grundlegenden Unklarheiten hinsichtlich Kompetenzverteilung<br />

eklatant werden ließ. Im Abgleich mit den Sitzungsprotokollen (Aktenserie<br />

„Decreta“) und den überlieferten Papieren zur Bücherzensur<br />

der Inquisition (Aktenserie „Censura librorum“; ein Band) wird<br />

nun eine Untersuchung vorgenommen, die zunächst die Zensurtätigkeit<br />

der rivalisierenden Dikasterien inhaltlich wie quantitativ gegeneinander<br />

bestimmt und dann – ausgehend von einer Analyse jener

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