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Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung

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Literarische<br />

Heterotopien<br />

SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN 160<br />

Dispositive und die Rückbindung an ein kulturelles Wissen, lassen<br />

die gesellschaftliche Anschließbarkeit ihrer Argumentation folgern.<br />

Folgende Veröffentlichungen sind im Berichtszeitraum erschienen:<br />

Böttger, Jan Henning: Zivilisierung der „Vernichtung“. „Hereorokrieg“,<br />

„Eingeborene“ und „Eingeborenenrecht“ im Kolonialdiskurs.<br />

– In: Zeitschrift für Genozidforschung. 4, 1. <strong>2002</strong>. (Im Druck)<br />

Ketelsen Uwe-K.: Ein Blick von der Cheopspyramide. Hans Paasches<br />

Bild vom kolonialen Afrika. – In: Literatur im Zeugenstand.<br />

Beiträge zur deutschsprachigen Literatur- und Kulturgeschichte.<br />

Festschrift zum 65. Geburtstag von Hubert Orlowski. Hrsg. von<br />

Edward Bialek u. a. Frankfurt/M. <strong>2002</strong>. (Im Druck)<br />

Literarische Heterotopien untersucht ein von der <strong>Stiftung</strong> gefördertes<br />

Projekt, das von Prof. R. Warning (Institut für Romanische Philologie,<br />

Universität München) durchgeführt wird.<br />

Michel Foucault bezeichnet als ,Heterotopien’ real existierende Orte<br />

innerhalb einer Gesellschaft, die deren Struktur ganz oder zum Teil<br />

in sich abbilden und sie zugleich – auf eine in ihrer Umgebung nicht<br />

gebräuchliche Weise – neu konfigurieren, so dass das Ergebnis diese<br />

Umgebung in Frage stellt. Heterotopien sind damit gleichsam kleine<br />

realisierte Utopien und Gegenbilder der Gesellschaft. Foucaults Auflistung<br />

von Heterotopien ist ein Katalog ohne systematischen An-<br />

Abb. 16: Projekt „Sprachliche Strategien der Exklusion in politischer<br />

Gewalt: Der Herero-Nama-Aufstand 1904/07 in der zeitgenössischen<br />

deutschen Literatur“: Buchdeckel von Meister, Friedrich:<br />

Muhérero riKárera! (Nimm dich in acht, Herero!) oder: Die Schiffsfähnriche.<br />

Ein Jugend- und Familienbuch, Leipzig: Abel & Müller<br />

1904. Friedrich Meister (1841–1918) gehörte zu den erfolgreichsten<br />

Jugendbuchautoren des wilhelminischen Kaiserreichs. Neben zahlreichen<br />

Reise- und Seefahrerromanen schrieb er Jugendbuchfassungen<br />

von Klassikern der „Abenteuerliteratur“ wie Coopers<br />

,Lederstrumpf‘ oder Defoes ,Robinson Crusoe‘. Der Buchdeckel dieses<br />

1904 erschienenen „Jugend- und Familienbuches“, den der um<br />

die Jahrhundertwende populäre Marinemaler Willy Stöwer<br />

(1864–1931) gestaltete, visualisiert dem Kolonialdiskurs inhärente,<br />

binär strukturierte Muster kolonialistischer Identitätskonstruktionen:<br />

Schwarz vs. Weiß, Natur vs. Kultur, Wildnis vs. Zivilisation,<br />

Chaos vs. Ordnung. Die Darstellung des „Herero“ in diesem Bild<br />

zitiert die von Walter Sintenis 1901 als „Wächter“ vor dem Afrikahaus<br />

der Woermann-Linie in Hamburg gestaltete Bronzestatue, eine<br />

stilisierte „afrikanische Kriegerfigur“. Durch das Einrücken dieser<br />

bekannten Krieger-Ikone in den Kontext des Krieges in Deutsch-<br />

Südwestafrika wird ein konventionalisiertes, abstraktes Bild des<br />

„wilden Eingeborenen“ und der ihm zugeschriebenen „Disposition<br />

zum Krieg“ auf die im Text geschilderten Ereignisse übertragen.

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