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Jahresbericht 2001/2002 - Fritz Thyssen Stiftung

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SPRACH- UND LITERATURWISSENSCHAFTEN<br />

terarischen und wissenschaftlichen Leben der Zeit beteiligt waren,<br />

erstmals vollständig, gleichmässig und – strikt auf der Grundlage dokumentierter<br />

Quellen – zugänglich macht. Mit ca. 170 Einträgen und<br />

entsprechenden Registern soll das Lexikon das gesamte Netz des humanistischen<br />

Denkens in Deutschland erfassen und auch die bestehende<br />

Forschung zu diesem Zeitraum zusammenführen. Es will damit<br />

sowohl ein Defizit der deutschen Literaturwissenschaft ausgleichen,<br />

als auch ein Referenzwerk für die anderen an der Humanismusforschung<br />

beteiligten Disziplinen (einschließlich der Geschichte<br />

von Mathematik und Naturwissenschaften) bilden. Der disziplinären<br />

Vielfalt des Humanismus Rechnung tragend, soll es zudem einem<br />

verengten Humanismusbegriff entgegenwirken.<br />

Methodisches Muster für das Projekt soll das 1978–2000 in 10 Bänden<br />

erschienene (und demnächst durch einen Nachtragsband ergänzte)<br />

Verfasserlexikon der deutschen Literatur des Mittelalters<br />

(VL) sein.<br />

Mit der „frühen Literaturgeschichtsschreibung in der frühen Neuzeit.<br />

Petrus Crinitus’ De poetis Latinis (1505)“ ist ein von der <strong>Stiftung</strong><br />

gefördertes Projekt befasst, das Prof. G. Vogt-Spira am Institut für Altertumswissenschaften<br />

(Universität Greifswald) durchführt.<br />

Ziel des Projekts ist die Erschließung der Schrift von Petrus Crinitus<br />

„De poetis Latinis“, die ungeachtet ihrer hohen Bedeutung nur in alten,<br />

schwer zu benutzenden Drucken vorliegt, im kategorialen Horizont<br />

frühneuzeitlicher Literaturgeschichtsschreibung.<br />

Petrus Crinitus’ Schrift „De poetis Latinis Libri V“ (zuerst Florenz<br />

1505) ist die erste gedruckte lateinische Literaturgeschichte der Neuzeit.<br />

Crinitus’ Werk, das in 95 Kapiteln jeweils einen Autor behandelt<br />

und dabei eine Sammlung und Systematisierung der Überlieferung<br />

bietet, schließt an die antiquarische Literaturforschung an – explizit<br />

genanntes Modell bildet Suetons im 15. Jahrhundert wiederentdeckte<br />

Schrift „De grammaticis et rhetoribus“. Die Schrift bleibt für<br />

das gesamte 16. Jahrhundert maßgeblich und wird bis ins 18. Jahrhundert<br />

viel benutzt. Allein bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts erfährt<br />

sie neun weitere Auflagen und mindestens zehn Teilabdrucke.<br />

Sie ist damit ein Schlüsselwerk der Literaturgeschichtsschreibung<br />

und erfüllt eine Scharnierfunktion in der Vorstellungsbildung über<br />

die antike lateinische Dichtung; denn die „moderne“ Literaturgeschichtsschreibung<br />

der klassischen Philologie in den letzten beiden<br />

Jahrhunderten ist ihrerseits von den Weichenstellungen der Renaissance<br />

abhängig.<br />

Crinitus’ Schrift soll durch eine zweisprachige kritische Edition wieder<br />

zugänglich gemacht und in der Eigenart seiner literaturhistorischen<br />

Vorgehensweise sowohl für die Literaturgeschichte als auch<br />

als Paradigma frühneuzeitlicher Literaturgeschichtsschreibung im<br />

zeitgenössischen Umfeld erschlossen werden. Damit soll auch die in<br />

der Literaturgeschichtsschreibungsforschung bis in die 80er Jahre<br />

des 20. Jahrhunderts hinein als kanonisch geltende Anschauung kor-<br />

De poetis<br />

Latinis

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