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Marxismus und Anthroposophie - Institut für soziale Gegenwartsfragen

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stand, worin der Zusammenhang der gesellschaftlichen Arbeit sich als Privattausch der<br />

individuellen Arbeitsprodukte geltend macht, ist eben der Tauschwert dieser Produkte.“ 2<br />

In den verschiedenen Ausdrucksweisen des Werts einer Ware in einer anderen reflektiert<br />

sich die durch die Entfaltung der Widersprüche von privater <strong>und</strong> gesellschaftlicher<br />

Arbeit angetriebene Entwicklung der Wertformen vom einzelnen zufälligen Tauschverhältnis<br />

über die entfaltete totale Form, in der alle Waren ihren Wert in einer bestimmten<br />

Ware, der jeweiligen Äquivalentware, ausdrücken, bis hin schließlich zur Geldform: Das<br />

Geld ist das allgemeine Äquivalent, eine Ware, deren spezifischer Gebrauchswert bloß<br />

noch in der Vermittlung des Tauschs besteht. Geld ist gewissermaßen - als Anweisung<br />

auf jedes beliebige Arbeitsprodukt - die Inkarnation des gesellschaftlichen Reichtums. Die<br />

Rolle der Äquivalentware fällt schließlich den edlen Metallen, speziell dem Gold zu. Das<br />

Geld tritt auf als Maß der Werte, d.h. als Preismaßstab, als Vermittler der Warenzirkulation,<br />

als Zahlungsmittel, Kredit, Mittel der Reservebildung <strong>und</strong> als Weltgeld. Das Gold wird<br />

als Umlauf- <strong>und</strong> Zahlungsmittel später vom Papiergeld verdrängt, dessen Wert aber letztlich<br />

vom Goldwert abhängt. Wie eine solche Abhängigkeit unter den heutigen Bedingungen<br />

noch vorstellbar ist, darüber gibt es allerdings Meinungsverschiedenheiten unter den<br />

marxistischen Ökonomen. 3 Das „Wertgesetz“ fungiert als spontaner Regulator der Produktion.<br />

Sein Durchsetzungsmechanismus ist die Konkurrenz. Der Wert ist das Gravitationszentrum<br />

der Preise; unterschreiten diese in einer Branche den Wert, wird überschüssige<br />

Arbeit durch Ruinierung bzw. Abwanderung von Produzenten abgeleitet, überschreiten<br />

sie ihn, fließen der Branche zusätzliche Arbeitskräfte zu. Das Wertgesetz wird so zur<br />

Bedingung der Differenzierung der Warenproduzenten, die zu besitzlosen Proletariern<br />

werden oder zu siegreich aus der Konkurrenz hervorgegangenen Kapitalisten, die nunmehr<br />

nicht mehr allein auf die eigene Arbeit angewiesen sind, sondern fremde Arbeit<br />

ausnutzen können. Daß in der geschichtlichen Realität außerökonomische Gewalt, die<br />

Vertreibung großer Teile des Landvolks von Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden, eine große Rolle bei der<br />

„ursprünglichen Akkumulation des Kapitals“ spielt, wird von Marx nicht ignoriert, sondern<br />

deutlich herausgestellt.<br />

Der Analyse von Ware <strong>und</strong> Geld folgt die von Kapital <strong>und</strong> Mehrwert. Kapital ist nicht<br />

mehr bloßer Vermittler des Warenaustauschs, sondern gewinnt die Funktion, sich zu<br />

vermehren: man gibt Geld <strong>für</strong> Ware, um <strong>für</strong> diese schließlich mehr Geld zu erlösen, profitable<br />

Anlage ist das Ziel. Woher stammt ein solcher Profit bzw. Mehrwert? Es werden<br />

doch gleiche Werte - Äquivalente - getauscht, <strong>und</strong> aus Übervorteilung kann ein Gewinn<br />

höchstens im Einzelfall - durch „Umverteilung“ -, jedoch nicht im gesellschaftlichen Gesamtrahmen<br />

entstehen! - Bei Äquivalentenkompensation ist die Mehrwertbildung oder<br />

Verwertung des Wertes nur erklärbar, wenn Geld <strong>für</strong> eine solche Ware gegeben wird, die<br />

selber an der Wertschöpfung beteiligt ist. Die Arbeit als Wertsubstanz kann jedoch sowenig<br />

einen Wert haben wie die Schwere ein besonderes Gewicht. Marx löst die Problemantinomie<br />

der Kapitalentstehung 4 durch die begriffliche Differenz zwischen Arbeit <strong>und</strong><br />

Arbeitskraft: die letztere, die Fähigkeit zu arbeiten, kauft der Kapitalist auf dem Arbeitsmarkt;<br />

wenn der Lohn als Preis der Arbeit als solcher bzw. ihrer Produkte erscheint, so ist<br />

dies nur eine, wenn auch objektiv bedingte Illusion. Der Tauschwert der Arbeitskraft als<br />

Ware besteht wie bei jeder Ware in ihren Reproduktionskosten - also im Preis der Subsistenzmittel<br />

des Arbeiters <strong>und</strong> seiner Familie, wobei Marx zugesteht, daß bei der Bestimmung<br />

dieser Größe ein „historisches <strong>und</strong> moralisches Element“ 5 eine gewisse Rolle<br />

spielt. (Dem Preis der Subsistenzmittel liegt natürlich wieder die notwendige Arbeitszeit<br />

zu ihrer Herstellung zugr<strong>und</strong>e.) Zwischen diesem Tauschwert <strong>und</strong> dem Gebrauchswert<br />

der Arbeit <strong>für</strong> den Kapitalisten besteht eine Differenz, denn dieser Gebrauchswert der<br />

Arbeitskraft besteht gerade darin, sie zur Wertschöpfung einsetzen zu können. Diese<br />

Differenz ist die Quelle des Mehrwerts, der den Arbeitern vorenthalten <strong>und</strong> vom Kapitalisten<br />

unentgeltlich angeeignet wird: ein Akt der Ausbeutung.<br />

Das Kapital ist - so betrachtet - letztlich identisch mit dem gesellschaftlichen Verhältnis<br />

von Kapitalist <strong>und</strong> Lohnarbeiter, deren Interessenantagonismus den Klassenkampf hervorruft,<br />

jede Sozialpartnerschaft illusorisch macht: „Solange der Lohnarbeiter Lohnarbeiter<br />

ist, hängt sein Los vom Kapital ab. Das ist die vielgerühmte Gemeinsamkeit des Interesses<br />

von Arbeiterklasse <strong>und</strong> Kapitalist.“ 6 Der Kapitalist ist bestrebt, durch Steigerung<br />

2<br />

Brief an Kugelmann, 11.7.1868, MEW 32, S. 552f.<br />

3<br />

Vgl. hierzu z.B. Lehrbuch Pol. Ök., Vorsoz. Produktionsweisen, S. 144ff., Pol. Ök. des htg. Monopolkapt.,<br />

S. 572.<br />

4<br />

Zur logischen Problematik vgl. Narski 1973.<br />

5<br />

MEW 23, S. 185.<br />

6<br />

MEW 6, S. 401.<br />

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