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Marxismus und Anthroposophie - Institut für soziale Gegenwartsfragen

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Vorwort zur Neuveröffentlichung 2002<br />

Über 16 Jahre sind seit der Veröffentlichung von „<strong>Marxismus</strong> <strong>und</strong> <strong>Anthroposophie</strong>“<br />

vergangen. Das Buch, 1986 im Klett-Cotta Verlag publiziert, ist seit langem vergriffen.<br />

Seit seinem Erscheinen sind gewaltige Veränderungen in der Welt vor sich gegangen.<br />

Die historische Konstellation, aus der heraus der Text entstanden ist, besteht nicht mehr.<br />

Der Zusammenbruch des Staatssozialismus 1989 lässt <strong>für</strong> viele jede weitere Auseinandersetzung<br />

mit dem <strong>Marxismus</strong>, zumal noch in seiner leninistischen Variante, als überflüssig<br />

erscheinen. Dennoch wurde in den letzten Jahren häufiger der Wunsch an mich<br />

herangebracht, den Text wieder als Arbeitsmaterial zugänglich zu machen. Dem bescheidenen<br />

Versuch - in „dialogischer“ Art - eine Einführung in die Denkweise des <strong>Marxismus</strong><br />

<strong>und</strong> der <strong>Anthroposophie</strong> zu bieten, können offenbar immer noch besonders solche<br />

Menschen etwas abgewinnen, die selber um ihre geistige Position ringen <strong>und</strong> dabei<br />

den Brückenschlag zwischen moderner Spiritualität <strong>und</strong> moderner <strong>soziale</strong>r Praxis suchen.<br />

Da eine Neuauflage in Buchform nicht realistisch ist 1 , bot sich die Veröffentlichung<br />

im Internet an.<br />

In meinem Entschluss dazu wurde ich durch die Entwicklung der letzten Jahre bestärkt.<br />

Inzwischen ist überdeutlich, dass aus dem Zusammenbruch des Staatssozialismus<br />

keineswegs jene gerechtere <strong>und</strong> friedlichere Welt hervorgegangen ist, die viele erhofft<br />

hatten <strong>und</strong> die manche bereits als eine Art kommenden Endzustand der Geschichte betrachtet<br />

hatten. Seit den 90er Jahren sprechen wir von der Globalisierung als dem beherrschenden<br />

Umgestaltungstrend unserer Zeit. Diese Globalisierung vollzieht sich unter<br />

neoliberalem Vorzeichen - dem des marktwirtschaftlichen Kapitalismus - <strong>und</strong> führt dabei<br />

zu Verhältnissen, die alte Diagnosen des <strong>Marxismus</strong> wie diejenige der Unterordnung der<br />

gesamten Welt unter die Interessen der mächtigsten Konzerne erst im umfassenden<br />

Sinne realitätsgemäß erscheinen lassen. Gleichzeitig wird heute - nach dem Zusammenbruch<br />

- kein vernünftiger Mensch mehr die <strong>soziale</strong>n Therapievorschläge des <strong>Marxismus</strong><br />

<strong>für</strong> richtig halten können, nur weil sich Teile der Diagnose doch bewahrheiten. Gibt es<br />

einen Weg jenseits von Staatssozialismus <strong>und</strong> Marktf<strong>und</strong>amentalismus? Diese Frage ist<br />

heute brennender denn je geworden. Im inhaltlichen <strong>und</strong> methodischen Ansatz einer<br />

„Dreigliederung des <strong>soziale</strong>n Organismus“ liegen meiner Auffassung nach viele unausgeschöpfte<br />

Möglichkeiten, die helfen können, einen solchen Weg zu bahnen. Auch deshalb<br />

erscheint die Neuveröffentlichung gerade jetzt gerechtfertigt.<br />

Die globale Zivilgesellschaft, die sich der heutigen neoliberal verzerrten Globalisierung<br />

entgegenstellt, sucht nach Alternativen, nach Formen einer menschengerechten Globalisierung.<br />

Ihre Akteure kommen aus den verschiedensten Richtungen. Im Gegensatz zur<br />

vorherrschenden Tendenz in früheren <strong>soziale</strong>n Bewegungen ist den meisten von ihnen<br />

klar, dass die Einheit der Zivilgesellschaft nur eine Einheit in der Vielfalt sein kann, dass<br />

das Prinzip der Diversität gehegt <strong>und</strong> gepflegt werden muss. Damit aber wird der Dialog<br />

ihr Lebenselement: Sozial wirksam im guten Sinne können Ideen nur werden, wenn sie<br />

im Dialog bewegt werden <strong>und</strong> Menschen zur Zusammenarbeit anregen. So mag mein<br />

damaliger Versuch, Unterlagen <strong>für</strong> einen Dialog zu schaffen, ohne dabei in billige Formelkompromisse<br />

zu verfallen, gerade heute neues Interesse hervorrufen. Ich treffe denn<br />

auch in der zivilgesellschaftlichen Bewegung auf eine Reihe anderer Menschen, die - weil<br />

sie keine Wendehälse wurden - nach wie vor ihre methodische <strong>und</strong> inhaltliche Beschäftigung<br />

mit dem <strong>Marxismus</strong> nicht verleugnen wollen, zugleich aber wissen, dass in vielen<br />

Fragen neue Wege beschritten werden müssen.<br />

Seit 1986 war ich an mancherlei Projekten <strong>und</strong> Initiativen beteiligt, bei denen versucht<br />

wurde, auch auf einzelnen Frage der <strong>soziale</strong>n Gestaltung konkretere Antworten zu geben,<br />

als es seinerzeit, schon durch die gr<strong>und</strong>rissartige Gestaltung des Textes, möglich<br />

gewesen wäre. Diese Beiträge sind in verschiedenen Zeitschriften, vor allem in dem von<br />

mir seit 1990 redigierten R<strong>und</strong>brief Dreigliederung des <strong>soziale</strong>n Organismus erschienen.<br />

Auch die Internet-Seiten von www.sozialimpulse.de enthalten eine ganze Menge von<br />

Beiträgen <strong>und</strong> Gesichtspunkten zu solchen einzelnen Fragen einer menschengerechten<br />

Gestaltung der Sozialprozesse <strong>und</strong> insbesondere der Globalisierung. Aber gelegentlich<br />

1 Kosten <strong>und</strong> damit der Preis wären unangemessen hoch, zumal es sich bei dem Buch ja nicht gerade um<br />

„leichte Kost“ handelt, sondern um teilweise schwierige philosophische Probleme.<br />

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