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Marxismus und Anthroposophie - Institut für soziale Gegenwartsfragen

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mit zu verzinsen“ haben. 18 Der Bodenpreis, andererseits, ist nichts als kapitalisierte<br />

Gr<strong>und</strong>rente. Das Gr<strong>und</strong>eigentum erlegt der Bevölkerung einen Tribut auf „<strong>für</strong> das Recht,<br />

die Erde bewohnen zu dürfen“ 19 . Die Spekulation mit Gr<strong>und</strong>stücken verteuert die Mieten<br />

<strong>und</strong> verstärkt die ,Unwirtlichkeit der Städte‘. Man reißt Wohnraum nieder „<strong>und</strong> baut Läden,<br />

Warenlager, öffentliche Gebäude“ an seiner Stelle, die höhere Mieten bringen. 20 Die<br />

Kapitalisierung der Landwirtschaft führt zur Ruinierung eines Teils der bäuerlichen Produzenten<br />

<strong>und</strong> zur Verschuldung eines anderen Teils bei den Banken, die über Hypotheken<br />

einen großen Teil des landwirtschaftlichen Eigentums kontrollieren. Die Vernichtung<br />

landwirtschaftlicher Überschüsse bzw. ihr Ankauf durch den Staat, während gleichzeitig<br />

Millionen in der Dritten Welt hungern, ist eine weitere vom <strong>Marxismus</strong> zu Recht kritisierte<br />

Seite des Kapitalismus in der Landwirtschaft.<br />

Die Autoren eines einführenden Werkes in die Politische Ökonomie aus der DDR resümieren:<br />

„Mit der Entwicklung des zinstragenden Kapitals, der wachsenden Masse des<br />

fiktiven Kapitals <strong>und</strong> der damit zusammenhängenden Rolle <strong>und</strong> Bedeutung der Banken<br />

schließt sich der Kreis in der Entwicklung des Kapitals. Er begann vor Jahrh<strong>und</strong>erten in<br />

der Zirkulationssphäre als Wucher- <strong>und</strong> Kaufmannskapital, eroberte sich die Produktion,<br />

um dann einer ganzen Produktionsweise seinen Stempel aufzudrücken. In dem Maße,<br />

wie sich in der weiteren Entwicklung Kapitaleigentum <strong>und</strong> Kapitalfunktion voneinander<br />

trennten, sich daher das Kapital von der Produktion entfernte, verstärkte sich der parasitäre<br />

Charakter des kapitalistischen Eigentums. In unserer Zeit wird die ganze kapitalistische<br />

Welt von einer Handvoll Milliardäre beherrscht, die ganze Völker skrupellos im Interesse<br />

ihrer Profite ausplündern. Obwohl überhaupt nicht mit der Produktion verb<strong>und</strong>en,<br />

entscheiden sie über die Wirtschaft <strong>und</strong> Politik der imperialistischen Staaten. Das alles<br />

drückt die Überlebtheit des Kapitalismus aus, aber auch die Gefahr, die <strong>für</strong> die ganze<br />

Menschheit von einer Gesellschaft ausgeht, deren Produktionsverhältnisse im krassen<br />

Widerspruch zu den Erfordernissen der gesellschaftlichen Entwicklung stehen.“ 21<br />

Es ist Lenin, der im Anschluß an Rudolf Hilferdings „Das Finanzkapital“ die Analyse<br />

des modernen Kapitalismus im Sinne von Marx fortzuführen versucht. Darüber, ob seine<br />

Imperialismus-Theorie tatsächlich „marxistisch“ sei, hat es manchen Streit gegeben; wir<br />

wollen uns aber hier darauf beschränken, diese Theorie kurz zu referieren. 22 Lenin geht<br />

davon aus, daß der Kapitalismus aufgr<strong>und</strong> der zuletzt beschriebenen Tendenzen in sein<br />

„imperialistisches Stadium“ hinübergewachsen ist, in dem sich das Monopolkapital herausgebildet<br />

hat, Bank- <strong>und</strong> Industriekapital zum Finanzkapital verwächst, der Kapitalexport<br />

hervorragende Bedeutung gewonnen <strong>und</strong> die Aufteilung der Welt durch die internationalen<br />

Trusts begonnen hat, während zugleich die Aufteilung des Territoriums der Erde<br />

durch die großen kapitalistischen Länder (Kolonialismus) abgeschlossen ist. Daraus ergäben<br />

sich mit ökonomischer Notwendigkeit, nicht bloß als eine unter mehreren politischen<br />

Optionen der Herrschenden, imperialistische Weltkriege. Die Monopole (Kartelle,<br />

Trusts, Syndikate, Verbände) hätten eine derart dominierende Stellung erobert, daß sie<br />

die freie Konkurrenz, aus der sie erwachsen sind, partiell aufheben. Sie könnten sich so<br />

in parasitärer Weise Extraprofit ohne Gegenwert aneignen. Daß dies den technischen<br />

Fortschritt nicht gebremst hat, wie zahlreiche marxistische Ökonomen früher annahmen,<br />

ist heute allgemein eingestanden. Allerdings bleibt es bei der Auffassung, daß die Früchte<br />

des technischen Fortschritts monopolisiert werden, daß er sich unter monopolkapitalistischen<br />

Bedingungen weitgehend gegen den humanen Fortschritt vollzieht, was etwa an<br />

der Herausbildung gigantischer militärisch-industrieller Komplexe sichtbar werde, die das<br />

Wettrüsten anzuheizen bestrebt sind <strong>und</strong> einen entsprechenden Einfluß auf die Politik<br />

nehmen. Lenin nannte den Imperialismus den Vorabend der proletarischen Revolution,<br />

die unmittelbare Vorstufe des Sozialismus: er scheint die Intensität der revolutionären<br />

Welle gegen Ende des Ersten Weltkriegs überschätzt zu haben.<br />

Unter imperialistischen Bedingungen geraten nach marxistisch-leninistischer Auffassung<br />

- ganz abgesehen von den Völkern der Dritten Welt - auch Teile der kleinen <strong>und</strong><br />

mittleren Bourgeoisie in die Ausbeutungssphäre des Monopolkapitals, was den <strong>soziale</strong>n<br />

Inhalt des „kapitalistischen Gr<strong>und</strong>widerspruches“ erweitert hat <strong>und</strong> ein antimonopolistisches<br />

<strong>und</strong> antiimperialistisches Bündnis unter Führung der Arbeiterklasse möglich macht.<br />

Der Imperialismus gestattet es aber auch den Monopolen, Teilen der Arbeiterschaft aus<br />

den Extraprofiten überhöhte Löhne zu zahlen <strong>und</strong> sie damit als „Arbeiteraristokratie“ bei<br />

140<br />

18 Engels, MEW 18, S. 217.<br />

19 MEW 25, S. 782.<br />

20 MEW 18, S. 215.<br />

21 Einführung S. 144.<br />

22 Der Imperialismus..., in LW 22. Zur Kontroverse s. Argument-Sonderband „Theorie des Monopols“, 1975.

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