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Marxismus und Anthroposophie - Institut für soziale Gegenwartsfragen

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Wirtschaft der Kolonien <strong>und</strong> abhängigen Länder ein Bestandteil des Reproduktionsprozesses<br />

der jeweiligen imperialistischen Metropole. Tiefe ökonomische Rückständigkeit,<br />

eine abhängige <strong>und</strong> untergeordnete Stellung in der kapitalistischen Weltwirtschaft sowie<br />

die Ausplünderung über den kapitalistischen Weltmarktmechanismus <strong>und</strong> die Kapitalanlagen<br />

der Monopole sind in mehr oder minder hohem Grade auch heute noch kennzeichnend<br />

<strong>für</strong> die Ökonomik der national befreiten Staaten.“ 25 Den jungen Nationalstaaten stelle<br />

sich die Aufgabe, nicht nur <strong>für</strong> eine neue Weltwirtschaftsordnung zu streiten, sondern<br />

zugleich einen nichtkapitalistischen Entwicklungsweg zu beschreiten, der den Weg zum<br />

Sozialismus öffnet. Bei beidem müßten sie sich auf das Bündnis mit dem real existierenden<br />

Sozialismus stützen.<br />

Neben die politische Ökonomie des Kapitalismus stellt der heutige <strong>Marxismus</strong> die Politische<br />

Ökonomie des Sozialismus, wobei er sich bei Marx selber nur auf knappe Andeutungen<br />

stützen kann: Der Sozialismus ist demnach die erste Phase der kommunistischen<br />

Gesellschaftsformation, jene, in der das Prinzip gelten soll: Jedem nach seinen Fähigkeiten,<br />

jene Periode, in der noch nicht alle Muttermale der alten Gesellschaft abgestreift<br />

sind. Der entwickelte Sozialismus soll dann allmählich übergehen in den Kommunismus,<br />

wo „die Arbeit selbst das erste Lebensbedürfnis geworden [...] alle Springquellen des<br />

genossenschaftlichen Reichtums voller fließen“ <strong>und</strong> das Prinzip gilt: „Jeder nach seinen<br />

Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.“ 26<br />

Um vom Kapitalismus zum Sozialismus zu gelangen, ist nach marxistischleninistischer<br />

Auffassung eine Übergangsperiode notwendig, eine Periode revolutionärer<br />

Umgestaltungen des gesellschaftlichen Lebens. Ihr politischer Inhalt besteht im Sturz der<br />

Macht des Kapitals <strong>und</strong> der Errichtung <strong>und</strong> Konsolidierung der ,Macht der Arbeiterklasse‘<br />

im Bündnis mit allen Werktätigen. Die objektiv bestehende ökonomische Aufgabe dieser<br />

Periode besteht in der Ablösung des privatkapitalistischen Eigentums durch sozialistisches,<br />

in der Schaffung neuer Produktionsverhältnisse <strong>und</strong> neuer gesellschaftlicher Beziehungen<br />

überhaupt. Der Beginn muß mit der sozialistischen Nationalisierung gemacht<br />

werden, der Verstaatlichung zunächst der Schlüsselindustrien <strong>und</strong> Banken. Die Formen<br />

<strong>und</strong> Methoden dieser Nationalisierung (z.B. die Frage, ob entschädigungslos oder nicht<br />

entschädigungslos enteignet wird) hängen von der konkret-historischen Situation, dem<br />

Verhältnis der Klassenkräfte <strong>und</strong> der vom ,Klassengegner‘ angewandten Methoden ab.<br />

Auch im Kapitalismus gibt es Nationalisierungen, sie unterscheiden sich aber von der<br />

sozialistischen Nationalisierung durch Träger, Klasseninhalt, Objekte (oft unrentable Betriebe),<br />

Methoden <strong>und</strong> Tempo. Unter bestimmten Bedingungen kann aber die bürgerliche<br />

Nationalisierung durchaus ein Schritt in die richtige Richtung sein, etwa unter den Bedingungen<br />

einer ,antimonopolistischen Demokratie‘, in der eine progressive Regierungsmehrheit<br />

sozial fortschrittliche Reformen durchsetzt. Die Nationalisierung kann hier einer<br />

jener Schritte sein, die den Weg zum Sozialismus öffnen. 27<br />

Für die Ökonomie der Übergangsperiode ist die Koexistenz verschiedener Wirtschaftsformen<br />

charakteristisch, jedoch ist diese kein Endzustand <strong>und</strong> Selbstzweck wie in<br />

der sozialreformistischen Konzeption der ,gemischten Wirtschaft‘. Es stehen sich ein<br />

sozialistischer Sektor (große Industrie) <strong>und</strong> ein privater gegenüber, der allmählich in gesellschaftliche<br />

Bahnen gelenkt werden soll. ,Durch Überzeugung <strong>und</strong> Beispiel‘, so jedenfalls<br />

sieht es die Theorie vor, sollen Handwerker, Bauern usw. zu genossenschaftlichen<br />

Zusammenschlüssen geführt werden. Danach existieren dann zwei Typen des sozialistischen<br />

Eigentums: staatliches <strong>und</strong> genossenschaftliches. Sozialistische Industrialisierung<br />

unterscheide sich prinzipiell von der kapitalistischen, <strong>und</strong> zwar in bezug auf Methoden,<br />

Akkumulationsquellen, Tempo <strong>und</strong> sozialökonomische Auswirkungen. Eine allzu einfach<br />

anmutende These, wenn man an die Opfer <strong>und</strong> den Terror in den Jahren der Industrialisierung<br />

in der Sowjetunion denkt.<br />

Der Übergang zum Sozialismus weise allgemeine Gesetzmäßigkeiten <strong>und</strong> konkrethistorische<br />

Besonderheiten auf. Der <strong>soziale</strong> Inhalt ist überall derselbe:<br />

Auflösung des kapitalistischen Gr<strong>und</strong>widerspruches. Daher ergeben sich notwendig<br />

allgemeine Züge jedes sozialistischen Prozesses: Politische Macht der Arbeiterklasse<br />

unter Führung der marxistisch-leninistischen Partei, Bündnis von Arbeiterklasse <strong>und</strong><br />

Bauernschaft, Abschaffung des kapitalistischen Eigentums an den Produktionsmitteln,<br />

sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft, auf die Hebung des Lebensniveaus der<br />

Massen gerichtete Planung, Kulturrevolution <strong>und</strong> die Beseitigung nationaler Unterdrü-<br />

142<br />

25 Ibd., S. 380.<br />

26 MEW 19, S. 21.<br />

27 Vgl. etwa Pol. Ök. d. Sozialismus, 1973, <strong>und</strong> Gerns/Steigerwald 1976.

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