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Neunstündiger Berufsschultag - Institut Arbeit und Qualifikation

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Abschlussbericht<br />

Modellversuch „<strong>Neunstündiger</strong> <strong>Berufsschultag</strong>“<br />

4.4 Fazit der arbeitswissenschaftlichen Evaluation<br />

Die einhellige Meinung im Forscherteam zu Beginn des Modellversuchs zum neunstündigen<br />

<strong>Berufsschultag</strong> war, dass es von der Belastung der Auszubildenden her keinen wirklich<br />

nennenswerten Unterschied zwischen acht <strong>und</strong> neun St<strong>und</strong>en Unterricht geben werde. Die<br />

Annahme war, 45 Minuten zusätzlichen Unterrichts könnten eigentlich keine messbaren<br />

Unterschiede zeigen, zumal die Lehrkräfte über die Unterrichtsgestaltung eventuell auftretende<br />

Konzentrationsprobleme sicherlich auffangen könnten.<br />

Diese Gr<strong>und</strong>these muss nach den vorliegenden Ergebnissen eindeutig revidiert werden. Alle<br />

eingesetzten Untersuchungsmethoden haben eine eindeutig messbare <strong>und</strong> signifikante<br />

Mehrbelastung durch den neunstündigen <strong>Berufsschultag</strong> ergeben. Diese Mehrbelastung liegt<br />

in einem Bereich, in dem nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon auszugehen ist,<br />

dass eine Lernbeeinträchtigung der betroffenen Auszubildenden angenommen werden<br />

muss. Deshalb fällt die Empfehlung auch ungewöhnlich klar <strong>und</strong> eindeutig aus. Der neunstündige<br />

<strong>Berufsschultag</strong> beeinträchtigt die berufliche Ausbildung. Er sollte daher aus Sicht<br />

der arbeitswissenschaftlichen Begleitung keinesfalls als Regelmodell eingeführt werden.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der hohen Eindeutigkeit der Ergebnisse muss sogar generell von diesem Modell<br />

abgeraten werden.<br />

Zur Begründung sollen an dieser Stelle die wichtigsten Ergebnisse des arbeitswissenschaftlichen<br />

Teils der Evaluation noch einmal zusammengefasst werden:<br />

• Die schriftlichen Befragungen haben signifikante Unterschiede in den Einschätzungen von<br />

subjektiv empf<strong>und</strong>en Belastungen zwischen den Auszubildenden im Modellversuch <strong>und</strong><br />

denen im „Normalunterricht“ ergeben. Zwei der wichtigsten Ursachen für die Unzufriedenheit<br />

der Auszubildenden mit dem Modellversuch sind die Länge des <strong>Berufsschultag</strong>es, ein<br />

durch ein Zeitdefizit zu charakterisierendes Unterrichtsklima mit Beginn der Mittelstufe<br />

<strong>und</strong> die dadurch verursachten Lernbelastungen.<br />

• Die empf<strong>und</strong>ene Mehrbelastung bei den Modellversuchsschülerinnen <strong>und</strong> -schülern<br />

verändert auch die Wertigkeiten des Unterrichts zu Lasten der Obligatorikfächer, was vor<br />

allem zum Nachteil der lernschwächeren Auszubildenden ist.<br />

• Es gibt keine erkennbaren Belastungsunterschiede im Modellversuch zwischen Klassen<br />

mit einem zeitlich eng geblockten Unterricht oder Klassen, bei denen der Unterricht durch<br />

größere Pausen unterbrochen wird.<br />

• Weder der öffentliche Nahverkehr, noch die schulische Infrastruktur (Aufenthaltsräume,<br />

Verpflegung) sind auf neun St<strong>und</strong>en Unterricht eingerichtet. Während das Nahverkehrproblem<br />

wahrscheinlich ohne größere Mehrkosten lösbar sein dürfte, wäre eine Anpassung<br />

der Schulen räumlich <strong>und</strong> finanziell wohl nur sehr schwer zu bewältigen.<br />

• Die ausbildenden Betriebe nehmen wenig Rücksicht auf einen neunstündigen Unterrichtstag.<br />

Die Belastung wird einseitig den Auszubildenden überlassen. In nahezu allen<br />

Betrieben gab es für diese <strong>Arbeit</strong>sverdichtung keine Entlastung oder Rücksichtnahme bei<br />

anfallenden Überst<strong>und</strong>en usw.<br />

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