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Neunstündiger Berufsschultag - Institut Arbeit und Qualifikation

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Abschlussbericht<br />

Modellversuch „<strong>Neunstündiger</strong> <strong>Berufsschultag</strong>“<br />

<strong>Berufsschultag</strong> Unterbrechung im Betrieb eingesetzt werden. Der Vorteil wird darin gesehen,<br />

dass Auszubildende bei zweimaligem Fernbleiben vom Betrieb in einer Woche Aufträge nicht<br />

vollständig <strong>und</strong> vor allem nicht termingerecht abschließen könnten. Der dauernde Einsatz<br />

von Auszubildenden im Produktionsprozess ist für die meist kleinen Ausbildungsbetriebe<br />

aber von außerordentlicher Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit. Die zweite Besonderheit<br />

liegt in der Vorbildung der Zielgruppe. So weisen in den Klassen mindestens 2/3 der Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler die Fachoberschulreife oder Abitur auf. Sie gelten als angenehme Klassen,<br />

in denen gerne unterrichtet wird. Drittens sind aufgr<strong>und</strong> der geringen Zahl von Ausbildungsverträgen<br />

verschiedene Berufe (Damen- <strong>und</strong> Herrenschneider, Sticker, Sonstige) in<br />

den Klassen vereint. Für die Ausbildungsberufe liegen ältere Ausbildungsordnungen, Rahmenlehrpläne<br />

<strong>und</strong> Richtlinien/Lehrpläne vor, die aber bereits schulintern auf moderne Erfordernisse<br />

(Nähmaschinentechnik, EDV-Einsatz, Gestaltung) angepasst worden sind, was die<br />

betriebliche Seite ausdrücklich begrüßt. Es ist deutlich ein gemeinsames Interesse bei<br />

Betrieben <strong>und</strong> Schule zu erkennen, den Ausbildungsberuf in den Innungsbereichen Bonn/<br />

Köln/Leverkusen auf Klassenstärke zu erhalten, um ggf. ortsferne <strong>und</strong> in Blöcken organisierte<br />

Beschulung zu vermeiden.<br />

Die genannten Besonderheiten lassen in der ergebnisorientierten Darstellung drei Schwerpunkte<br />

notwendig werden:<br />

• Der dreiwöchige Rhythmus des zweiten Berufschultages ist schulintern schwer zu organisieren;<br />

bei dreijährigen Bildungsgängen mit nur einer Klasse pro Ausbildungsjahr kann er<br />

zwar so organisiert werden, dass ein Wochentag durchgängig als zweiter Tag von Lehrerinnen<br />

<strong>und</strong> Lehrern besetzt werden kann. Sobald aber weniger oder mehr (nicht durch<br />

drei teilbare) Klassenstärken gegeben sind, wird eine Lehrkraft für die St<strong>und</strong>en faktisch<br />

besetzt, ohne dass sich für die Lehrkraft ein regelmäßiger Wochenst<strong>und</strong>enplan mit adäquater<br />

St<strong>und</strong>endeputatsanrechnung ergibt. Dies führt st<strong>und</strong>enplantechnisch individuell<br />

wie institutionell zu suboptimalen Lösungen in Form von Freist<strong>und</strong>en oder geringeren<br />

Einsatzmöglichkeiten in anderen Bildungsgängen, die im zweiwöchigen Rhythmus gestaltet<br />

sind. Sofern der St<strong>und</strong>enplan noch Fächer vorsieht, ist eine Verteilung der St<strong>und</strong>enzahl<br />

im vorgesehenen Maße kaum möglich. In den Modellversuchsklassen war es so<br />

notwendig, auch am durchgängigen <strong>Berufsschultag</strong> einen vierzehntägigen Fachwechsel<br />

zwischen „Gestaltung“ <strong>und</strong> „Technologischen Übungen“ einzuführen. Es wurde beklagt,<br />

dass der Kontakt zu den Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern in den Fächern, die nur alle drei Wochen<br />

unterrichtet wurden, erheblich schwerer aufgebaut werden konnte. 27<br />

• Zu den Auswirkungen der zusätzlichen neunten St<strong>und</strong>e äußerten sich die Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler in mehreren Gruppendiskussionen dahingehend, dass der <strong>Berufsschultag</strong><br />

auch der Tag sei, an dem noch sonstige Erledigungen zu machen seien (Behördengänge,<br />

Arztbesuche etc.). Aufgr<strong>und</strong> der betrieblichen <strong>Arbeit</strong>szeiten <strong>und</strong> der kleinen Betriebsgrößen<br />

sei dies an einem normalen <strong>Arbeit</strong>stag mit größeren Schwierigkeiten verb<strong>und</strong>en. Die<br />

neunte St<strong>und</strong>e sei so „genau über der Schmerzgrenze“, insbesondere wenn noch längere<br />

Fahrzeiten berücksichtigt werden müssen. „Deshalb sei es manchmal klüger, gar nicht<br />

oder später zu erscheinen“. Es artikulieren sich hier intelligente Vermeidungsstrategien,<br />

die nicht hauptsächlich über Belastung oder Konzentrationsmängel zu begründen sind,<br />

sondern über die Akzeptanz des Berufsschulunterrichts bzw. den Opportunitätskosten<br />

einer neunten St<strong>und</strong>e. In der Fehlzeitenanalyse stellt sich dies über Anwesenheitsquoten<br />

von 86%, 95% <strong>und</strong> 91% sowie einer Verspätungsquote von durchschnittlich 4,45 Verspä-<br />

27 In einer Diskussion auf einer Bildungsgangkonferenz kam hier die spiegelbildliche Position zwischen<br />

Ausbildern <strong>und</strong> Lehrern zum Ausdruck. Während die Ausbilderin bemerkte, dass sich die Beobac h-<br />

tungs- <strong>und</strong> Kennenlernphase in der Probezeit für den Betrieb positiv verändert habe, teilte die Lehrerin<br />

mit dreiwöchigem Rhythmus genau die umgekehrte Beobachtung mit.<br />

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