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Organikum Organisch-chemisches Grundpraktikum

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96 A. Einführung in die Laboratoriumstechnik<br />

Bei Zuordnungen muß man außerdem berücksichtigen, daß die Konjugation einer Carbonylgruppe<br />

mit einem ungesättigten Rest zu einer Verschiebung der Carbonylabsorption nach<br />

niedrigeren Wellenzahlen führt (~ 20 cm -1 ) und eine a-Halogenierung auf Grund induktiver<br />

Wirkung eine Erhöhung der Wellenzahl zur Folge hat. Die in Tabelle A.135 angegebenen<br />

Werte sind deshalb nur Erwartungsbereiche; Abweichungen nach oben oder unten findet man<br />

nicht selten.<br />

Als einfaches Beispiel für die Anwendung der Infrarotspektroskopie sei hier die Synthese von Acrylester<br />

aus 2-Chlor-ethanol erläutert, deren Verlauf in jeder einzelnen Stufe spektroskopisch verfolgt wurde:<br />

X0<br />

HO-CH2-CH2-CI —- HO-CH2-CH2-C=N —- H2C=CH-CEN —- H2C=CH-Cx' [A.136]<br />

a b c d<br />

OC2H5<br />

Das IR-Spektrum des 2-Chlor-ethanols (Ethylenchlorhydrin; Abb. A.137, a) weist außer den C-H- und<br />

den Gerüstschwingungen typische Banden für die Hydroxygruppe (3 360 cm -1 , „gebundene" O-H-Valenzschwingungen;<br />

l 080 cm- 1 , C-O-Valenzschwingung; l 393 cm- 1 O-H-Deformationsschwingung) und die C-<br />

Cl-Bindung (663 cm -1 , C-Cl-Valenzschwingung) auf.<br />

Durch Umsetzung des 2-Chlor-ethanols mit Kaliumcyanid erhält man das ß-Hydroxy-propionitril (b). In<br />

dessen IR-Spektrum sind alle für die Hydroxygruppe typischen Banden noch vorhanden. Die C-Cl-Valenzschwingungsbande<br />

ist verschwunden. Wir beobachten eine neue Bande bei 2 252 cm- 1 , die der ON-<br />

Valenzschwingung entspricht.<br />

Das aus dem ß-Hydroxy-propionitril durch Dehydratisierung entstehende Acrylonitril (c) zeigt ein wesentlich<br />

verändertes IR-Spektrum. Die für die Hydroxygruppe typischen Banden sind verschwunden. Es treten nun<br />

Banden auf, die für das Strukturelement CH2=CH- typisch sind: l 620 cm- 1 (C=C-Valenzschwingung), 3 038<br />

und 3 070 cm- 1 (C-H-Valenzschwingungen ungesättigter Verbindungen), 1420 cm -1 und 980 cm- 1 (C-H-Deformationsschwingungen<br />

von Olefinen mit Vinylgruppierungen). Die CsN-Valenzschwingung ist durch den Einfluß<br />

der Konjugation mit der C=C-Doppelbindung auf 2 230 cnr 1 erniedrigt.<br />

Das Infrarotspektrum des aus Acrylonitril durch Alkoholyse entstandenen Acrylsäureesters (d) zeigt<br />

nun die für die Estergruppierung typischen Banden bei 1735 cm- 1 (C=O-Valenzschwingung) und 1205 cnr 1<br />

(C-O-Valenzschwingung). Die Absorptionsbande für die G^N-Gruppe ist nicht mehr vorhanden, die für die<br />

Vinylgruppe typischen Banden sind erhalten geblieben.<br />

Man studiere in diesem Zusammenhang auch die in Kap. E angegebenen IR-Spektren!<br />

IR-Spektren von Flüssigkeiten ohne Lösungsmittel nimmt man in dünner Schicht zwischen zwei KBr-<br />

Scheiben auf. Feststoffe werden in Substanz in Form von Preßlingen mit KBr als Einbettungsmittel gemessen.<br />

Zur Herstellung dieser Tabletten ist es notwendig, Substanz und Einbettungsmittel im Vibrator<br />

zunächst zu vermählen. Da das KBr im allgemeinen etwas Wasser enthält, muß man im Gebiet der Wasserbanden<br />

mit der Zuordnung vorsichtig sein. Um keine Dispersionseffekte zu bekommen, müssen außerdem<br />

die Teilchengröße kiemer als die Wellenlänge der Strahlung sein und die Brechungsindizes von Probe und<br />

Einbettungsmittel übereinstimmen. Alternativ kann als Einbettungsmittel beispielsweise auch NaCl verwendet<br />

werden. Bei Messungen in Lösungen ist zu berücksichtigen, daß alle Lösungsmittel Absorptionsbanden<br />

im IR-Spektrum zeigen. Deshalb werden die Spektren in zwei Lösungsmitteln, deren Absorptionen<br />

möglichst nicht im gleichen Spektralgebiet liegen, registriert; im allgemeinen verwendet man CCl4 und<br />

CS2.<br />

Durch Vergleich mit den Spektren der reinen Lösungsmittel sind bei der Auswertung zuerst die Bereiche<br />

der Lösungsmittelabsorptionen zu kennzeichnen, um Fehler bei der Interpretation auszuschließen.<br />

Das Lambert-Beer-Gesetz gilt im allgemeinen auch für die IR-Spektroskopie. Die Infrarotspektroskopie<br />

kann deshalb auch zur quantitativen Bestimmung der Bestandteile von Gemischen<br />

eingesetzt werden, sofern die typischen Banden im Spektrum hinreichend weit voneinander<br />

entfernt sind.

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