26.01.2013 Aufrufe

Organikum Organisch-chemisches Grundpraktikum

Organikum Organisch-chemisches Grundpraktikum

Organikum Organisch-chemisches Grundpraktikum

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

222 D. 2. Nucleophile Substitution am gesättigten Kohlenstoffatom<br />

2.3. Zur Regioselektivität ambifunktioneller Nucleophile<br />

Einige nucleophile Reagenzien besitzen nicht nur ein reaktives Zentrum, sondern zwei (oder<br />

mehrere) reaktive Positionen. Sie werden deshalb als ambifunktionell oder ambident bezeichnet.<br />

Sie liefern je nach Reaktionsbedingungen und Struktur des Substrates RX unterschiedliche<br />

Produkte, z. B.:<br />

X 0 + R-O-N=O O=N-QI 0 + R-X R-W + X 0 [2.31]<br />

SalpetrigsDure- Nitroester<br />

Verbindung<br />

(Z) © 0 0 O<br />

X + R-NECI IC=NI + R-X R-C=NI + X [2.32]<br />

Isocyanid Nitril<br />

X 0 + R-N=C=S - IN=C-SI 0 + R-X R-S-C=N + X° [2.33]<br />

Isothiocyanat Thiocyanat<br />

(Senföl) (Rhodanid)<br />

\ P^ \ / u/v " \<br />

X 0 + C=C - C=C -i- R-X - R-C-C' + X 0 [2.34]<br />

/ \ / \ / \<br />

O-Alkylprodukt C-Alkylprodukt<br />

(Enolether) (vgl. 7.4.2.1)<br />

Das Verhältnis der beiden Isomeren hängt vom Lösungsmittel und vom Reaktionstyp (und<br />

damit vom Substrat RX) ab, vor allem aber davon, ob die Umsetzung ladungs- oder orbitalkontrolliert<br />

verläuft (vgl. C.6.).<br />

a) Der Lösungsmitteleinfluß auf die Regioselektivität bei SN-Reaktionen ambidenter Reagenzien beruht<br />

darauf, daß die Solvatation und damit die Nucleophilie der beiden Positionen in verschiedenen Lösungsmitteln<br />

unterschiedlich sein kann. So ist in aprotonischen Lösungsmitteln die Position mit der höheren<br />

Ladungsdichte gewöhnlich das stärker basische der beiden Zentren und reagiert bevorzugt mit RX.<br />

In protonischen Lösungsmitteln, und zwar zunehmend mit deren H-Acidität, ist dieses Zentrum<br />

jedoch über Wasserstoffbrücken stärker solvatisiert und seine Nucleophilie erniedrigt, so daß besonders<br />

in den stark H-aciden Lösungsmitteln (Phenol, Trifluorethanol) die Reaktion am weniger solvatisierten<br />

und damit nucleophileren weicheren Zentrum eintritt.<br />

Ein typisches Beispiel ist die SN2-Reaktion von Phenolat (das dem Enolat in [2.34] entspricht) mit<br />

Allylbromid. Im aprotonischen Ethylenglycoldimethylether und in den schwach aciden protonischen<br />

Lösungsmitteln Methanol (pKHA 16) und Wasser (pKHA 15,7) entstehen 100 % Allylphenylether<br />

(0-Allyl-produkt), während im stärker aciden Phenol (pKHA 10) 77 % o- und p-Allyl-phenol (C-AHyIprodukt)<br />

und nur 23 % Allylphenylether gebildet werden.<br />

b)In einem gegebenen aprotonischen Lösungsmittel hängt die Regioselektivität außerdem vom Substrat<br />

R-X ab. So liefert z. B. die Alkylierung von Propiophenonenolat mit R-X in HMPT die folgenden Mengen<br />

an O-Alkylprodukt: R-115 %, R-Br 40 %, R-Cl 67 %, R-OTs 85 %. Die Reaktion folgt in allen<br />

Fällen dem SN2-Mechanismus. Diese Abstufung der Reaktivität läßt sich im Rahmen des HSAB-Konzepts<br />

erklären: Im ambidenten Enolat ist das Sauerstoffatom ein „hartes 44 , das ß-Kohlenstoffatom dagegen<br />

ein „weiches" Zentrum. Auf der anderen Seite hängt die Härte des a-Kohlenstoffatoms im Substrat<br />

R-X vom Substituenten X ab. Alkyliodide und -bromide haben ein „weiches" Reaktionszentrum, Alkylchloride<br />

und -tosylate dagegen ein „hartes" Reaktionszentrum. Da stets die Reaktionsrichtung „hart"-<br />

„hart" bzw. „weich"-„weich" gegenüber der Kombination „hart"-„weich" bevorzugt ist, lassen sich die<br />

beobachteten Regioselektivitäten zwanglos interpretieren:

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!