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Kapitel 3<br />
Die „Kulturnation“ geriet durch die Teilung des Landes in eine Krise, und es wurde versucht,<br />
den Code zu verteidigen. Dazu wurden im Bereich der abstrakten Kunst zwei<br />
verschiedene Wege beschritten: Die Gruppe der Gegner der abstrakten Kunst proklamierte<br />
eine R ckkehr zu traditionellen Werten als Basis des Codes „Kulturnation“; die<br />
abstrakte Kunst erschien ihnen dazu offensichtlich ungeeignet. Diese Gruppe setzte sich<br />
bei diesem Vorgehen der Gefahr aus, keine ausreichende Abgrenzung vom NS zu demonstrieren<br />
und dar ber hinaus als Sympathisantengruppe der DDR bezeichnet zu<br />
werden. Die Gruppe der Bef rworter setzte auf eine Expansion des Codes „Kulturnation“<br />
und hielt die abstrakte Kunst f r ein geeignetes Medium, diese Ver nderung zu<br />
vollziehen, weil sie gleichzeitig traditionelle Werte und den Aspekt der - von ihren<br />
revolution ren Anteilen gereinigten - Modernit t verk rpere. Beide Ans tze dienten zur<br />
Sicherung des Codes „Kulturnation“ f r Westdeutschland und letztendlich zur Konstruktion<br />
und Sicherung der gesellschaftlichen Vormachtstellung ihrer Tr gergruppe.<br />
Infolge der neuen innerdeutschen Konfrontationsstellung richtete sich der Blick der<br />
Kunstszene nach Westen, denn hier waren am ehesten Ankn fungspunkte f r eine Behauptung<br />
gegen den Osten und somit die Festigung der eigenen Position zu erwarten. 13<br />
Das Interesse an der Kunstentwicklung in Frankreich und den USA wuchs stetig, dabei<br />
ging es allerdings nicht um eine Anpassung oder Nachahmung, wie die sp teren Vorw<br />
rfe suggerieren (siehe S. 19 f.), sondern um die Suche nach Unterst tzung und<br />
Anerkennung.<br />
Einer der wesentlichen Faktoren hierbei war die allm hliche Entstehung eines Kunstmarktes<br />
nach der W hrungsreform; sicher kein dem heutigen vergleichbarer, aber der<br />
Faktor der Verk uflichkeit und Konkurrenzf higkeit von Kunst spielte nun wieder eine<br />
Rolle. Nun ging es, sagte Bernhard Heiliger, „sprunghaft auch mit dem Kauf normaler<br />
vor sich. Es war weniger da, aber es war geregelt“ (zit. nach Straka/Suermann 1983,<br />
293). Bereits vor der W hrungsreform hatten sich us-amerikanische Besatzungssoldaten<br />
als Gelegenheitsk ufer erwiesen. Nun stand unter diesem Eindruck auch wieder die Position<br />
der deutschen bildenden Kunst auf dem internationalen Kunstmarkt zur Debatte.<br />
Hans Berggruen beschreibt in einem Artikel in Die Neue Zeitung schon im Februar 1947,<br />
daß Ausstellungsbesucher sich Gedanken dar ber machten, ob sich das Prestige der<br />
Deutschen durch die Kunst heben lasse. Bruno E. Werner fragt 1948 in der gleichen<br />
13 In Die Neue Zeitung wird z. B. 1949 die Frage diskutiert: Was hat Goethe mit Amerika zu tun?<br />
(Kramer 1949)