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Abstrakte Kunst als Modell einer neuen Ordnung 51<br />
Kunstszene fast allein auf der Basis von Mund-zu-Mund-Informationen m glich. Die<br />
Berichte der bildenden K nstler und auch Kunsthistoriker, die in dieser Zeit die „innere<br />
Emigration“ verließen, heben einstimmig hervor, daß die Kn fung der ersten Kontakte<br />
mit Gleichgesinnten ein m hsames Unterfangen war. Haftmann er hlt: „Und dann fuhr<br />
ich wie ein Verr ckter [...] durch ganz Deutschland. Man war nat rlich erst einmal<br />
darauf aus zu wissen, wer lebt nun eigentlich noch“ (in Straka/Suermann 1983, 250).<br />
Innerhalb dieses kleinen, relativ abgeschotteten Kreises wurde intensiv ber die Kunst<br />
diskutiert, und es wurde unter großen Schwierigkeiten versucht, die ersten Ausstellungen<br />
zu organisieren.<br />
Die Situation 1945-47 war also dadurch gekennzeichnet, daß kleine Gruppen von<br />
K nstlern, die ihre Arbeit als abstrakt einstuften, und deren Anh nger sich gegen ein<br />
breites Spektrum der Ablehnung zu formieren und formulieren versuchten. Die Gr nde<br />
f r diese Ablehnung wurden in erster Linie in dem soeben zu Ende gegangenen Nationalsozialismus<br />
gesehen. Und es lag nahe f r die K nstler und ihre Lobby, sich selbst im Gegensatz<br />
dazu als die vorbildlichen Antifaschisten zu verstehen. Dieses Anderssein der<br />
K nstler wurde indes auch kunstimmanent begr ndet und gleichzeitig in einem neuen<br />
Wertespektrum positiv codiert, um als Identifikationsangebot wirksam zu werden.<br />
Nachfolgend soll am Beispiel einer Ausstellung untersucht werden, welches besondere<br />
identifikatorische Angebot der „abstrakten“ Malerei in diesem historischen Kontext von<br />
ihren Verfechtern zugesprochen wurde.<br />
„Die sch pferischen Kr fte in der abstrakten Malerei“ -<br />
Stuttgart 1947<br />
Eine der ersten Pr sentationen mit erkl rtermaßen abstrakter Kunst nach 1945 war eine<br />
Ausstellungs- und Vortragsreihe mit dem Titel Die sc<br />
ferischen Kr fte in der abstrakten<br />
Malerei. Hierbei wurden nacheinander an f nf Wochenenden im Fr hjahr 1947 die<br />
Arbeiten von Fritz Winter, Otto Ritschl, Willi Baumeister, Max Ackermann und Georg<br />
Meistermann ausgestellt und dazu verschiedene Vortr ge gehalten. Veranstaltungsort<br />
waren die Praxisr ume des Stuttgarter Nervenarztes Ottomar Domnick, der gleichzeitig<br />
auch Organisator und Veranstalter war und sich zu diesem Anlaß erstmals auch als<br />
kunsttheoretischer Autor hervortat.<br />
Noch im gleichen Jahr ver ffentlichte Domnick die anl ßlich der Ausstellung gehaltenen<br />
Vortr ge 27 in einem bebilderten Sammelband. Dieses Buch stellt eine der ersten deut-<br />
27 Redner waren neben Domnick u. a. H. A. P. Grieshaber, Hans Hildebrandt, Kurt Leonhard, Rudolf<br />
Probst und Margarete Schreiber-R ffer.