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202<br />
Kapitel 5<br />
Untersuchun ber Geschichten vom „Fr lein“ (1995) zeigt, daß die Topoi, die in der<br />
zeitgen ssischen Literatur zur Diffamierung der Frauen als k ufliche „Amiliebchen“<br />
benutzt werden, dem aus der konservativen Perspektive mit der „Wirtschaftsnation“ verbundenen<br />
Assoziationskomplex verbl ffend hnlich sind: humanistische Bildung sei zu<br />
Grabe getragen worden (vgl. 1995, 27), materielle und technische berlegenheit<br />
verdr nge die soziale und kulturelle Ordnung (vgl. 29).<br />
Die urspr nglichen Forderungen nach „Empf ngnisbereitschaft“ (Domnick) oder<br />
„Hingabe“ (Rebay) der Betrachter als ritualisierte Unterordnung unter das K nstlergenie<br />
nehmen nun im Kontext der industrialisierten Massenproduktion eine andere, unerw<br />
nschte Bedeutung an. Die Wichtigkeit der anonymen „abstrakten“ Form f r den weiblichen<br />
Alltag kann als eine Verweigerung des „Opfers“ verstanden werden. Im Rahmen<br />
der dargelegten Codierung der abstrakten Kunst sollte die „Form“ als demonstrativer<br />
Verzicht auf den Gegenstand die Abwendung vom NS und von der Materialit t, beide<br />
weiblich konnotiert, zugunsten einer neuen, m nnlich konnotierten „Synthese“ demonstrieren.<br />
Auch die Benutzerinnen der neuen Gebrauchsgegenst nde scheinen ihre Abwendung<br />
von der Funktionalit t der NS-Vergangenheit demonstrieren zu wollen. Doch<br />
ganz im Gegenteil zu der bisherigen Codierung der abstrakten Kunst wird dies in ihren<br />
Augen gerade durch die verhaltene Sinnlichkeit der neuen Gebrauchsgegenst nde garantiert<br />
und ist nicht an einen ritualisierten Verzicht gebunden.<br />
Machte die Bedeutung der Frauen f r den wirtschaftlichen Aufschwung selbst Zeitschriftenautoren<br />
hellh rig, so wurde sie f r die traditionelle Kunstgemeinde zur Bedrohung. 31<br />
Welche Gr nde auch immer Hilla Rebay bewogen hatten, Elektroherde und K chenger<br />
te als Beispiele f r die Segnungen eines zivilisatorischen und geistigen Fortschritts<br />
anzuf hren und außerdem einen hohen Prozentsatz K nstlerinnen zu pr sentieren;<br />
warum auch immer die Waschmaschine das Pressefoto der Ausstellung Mensch und<br />
Form unserer Zeit dominierte (Abb. 53, 54) - nun reihten sich diese Pr sentationen<br />
nachtr glich in das Bild einer amerikanischen Bedrohung der „Kulturnation“ ein, die ber<br />
die abstrakte Formensprache vermittelt wurde. 32 Aus der patriarchalisch-bildungsb rger-<br />
31 Diese Bedrohlichkeit spiegelt sich auch sp ter noch in solch berzogenen Behauptungen wie der von<br />
Eichler, der Vormarsch der Moderne nach 1945 sei der amerikanischen Besatzungspolitik zu verdanken,<br />
die die „Beseitigung der Autorit t des Vaters und des Lehrers“ und „die F rderung der geschlechtlichen<br />
Z ellosigkeit“ zum Ziel habe (1969, 15). Als Gegenmittel hlt Eichler auf „mutige<br />
Mannesworte“ (21).<br />
32 „Abstrakte 'Muster' an Zimmer- und Hausw nden, auf Teppichen, Decken und B chern, Vasen und<br />
Kaffeetassen sind zur st ndigen Persiflage der 'modernen Kunst' geworden. In ihrer Imitation abstrakter<br />
und neuerdings auch schon tachistischer Malerei und Graphik wirken sie wie die dreiste