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60<br />

Kapitel 2<br />

seiner Zeit.“ (1947, 14) Utitz argumentiert gan hnlich, wenn er den Expressionismus<br />

skizziert: „Hier soll nun allem Naturalistischen das R ckgrat gebrochen werden.“ (1927,<br />

34) „Dem Expressionismus wurde alles zum Ausdruck, zu einem Mittel des Ausdrucks.<br />

Die Dinge wurden entwertet, verbogen und zerfetzt; was lag denn an ihnen, wenn nur<br />

Wahrheit und Echtheit des Ausdrucks gerettet wurden.“ (4) „Seine triebhaft reine Ausdrucksseite<br />

ist [...] heute f r uns v llig erledigt“ (138). Nun aber sei es „still um den Expressionismus<br />

geworden“, meint Domnick (1947, 16); und so hatte auch schon Utitz im<br />

Jahre 1927 geurteilt (vgl. 17).<br />

Beide fordern nun nach dieser Zeit der Extreme eine erneute Synthese „zwischen dem<br />

D monischen und der Erkenntnis“ (Domnick 1947, 20), eine „psycho-physische Ganzheit,<br />

nicht die Zerlegung in eine Welt des Physischen und des Psychischen“ (Utitz 1927,<br />

40). „Erkannten wir doch deutlich, daß in der Beziehung des Kopfes zum Herzen, des<br />

Geistes zum Leibe, in einer Revision und Neuorientierung dieser Beziehung das eigentlich<br />

zeitgen ssische Problem steckt.“ (81)<br />

Der Expressionismus habe sich allzu einseitig nur dem subjektiven Erleben verschrieben -<br />

und sei daran gescheitert. Nun m sse eine neue Harmonie geschaffen werden, und dazu<br />

biete sich, so Domnick, die seit C nne (vgl. 1947, 15) parallel verlaufende Entwicklungslinie<br />

der abstrakten Kunst an.<br />

Domnicks Konstruktion der (immer schon) „anderen“ Kunstform des Expressionismus<br />

gr ndet sich also auf eine Reihe von Vorbildern, von denen eines explizit antifaschistisch<br />

war, wohingegen sich das hier durch Utitz repr sentierte in eine pr faschistische Kunsttheorie<br />

vor 1933 einf en l ßt. Der strategische Vorteil einer Vermischung beider diskursiver<br />

Traditionslinien liegt auf der Hand: Der Expressionismus war auf der einen Seite<br />

als Vorbereitung des Nationalsozialismus gesehen worden, und Domnick hoffte durch<br />

die bernahme dieser Ablehnung, ebenfalls seine antifaschistische Haltung unter Beweis<br />

zu stellen. Auf der anderen Seite lehnte er sich eng an die bekanntere Definition des<br />

„Feindbildes“ Expressionismus in der deutschen pr faschistischen Kunsttheorie an und<br />

konnte aus diesem Grund mit einem Wiedererkennungseffekt rechnen. Ebenso wie es ein<br />

„fast instinktives Be rfnis [gab], bei den Gedanken und Vorstellungen Zuflucht zu<br />

suchen, die man hatte, bevor irgend etwas Kompromittierendes geschehen war“ (Arendt<br />

1993, 32), so erschien Domnick dieser Rekurs vermutlich nicht als durch den NS<br />

diskreditiert, da er rein chronologisch in die Zeit der Weimarer Republik geh rt.<br />

Domnicks „Idee“ von der abstrakten Kunst b ndelt auf diese Weise die Erwartungen, die<br />

man an eine Erneuerung der Kunst seit Ende der 20er Jahre gestellt hatte, verkn ft mit

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