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Abstrakte Kunst als Modell einer neuen Ordnung 71<br />

Rolle weist er dem ausgew hlten Individuum und vor allem dem K nstler zu: „Die gewaltige<br />

Macht individuellen Sch pfer- und F hrertums ist das Einzigartige der K nste<br />

unter den brigen Geistesgebieten. Hier wie sonst nirgends ist es der Einzelne, der die<br />

geschichtliche Bewegung hervorruft. Er bewegt den objektiven Geist, indem er ihm innerlich<br />

voraus ist“ (1949a, 240). 1933 war er sich nicht zu schade, sein Modell zus tzlich<br />

in Hinblick auf die neue Regierung umzubilden und mit dem NS kompatibel zu machen:<br />

zwischen die Instanz des objektiven Geistes und das anonyme Individuum setzte er die<br />

Figur des Vermittlers, des „F hrers“ (vgl. Haug 1989, 178 f.). Hartmann galt in der<br />

Nachkriegszeit als unbescholtener Vertreter der deutschen Philosophie, 48 und es ist zu<br />

bezweifeln, daß Domnick die Brisanz der Gedanken seines Gew hrsmanns und deren<br />

Bedeutung f r den Nationalsozialismus erkannte.<br />

Mit dem Bezug auf Hartmann baut Domnick einen neuen „geistigen Imperativ“ auf. Dies<br />

erschließt sich allerdings erst, wenn man auch Domnicks berlegungen und deren vermutliche<br />

Quellen zur Rolle des K nstlers in die Betrachtung einbezieht.<br />

Der Nationalsozialismus hatte f r die Problematisierung und Neuformulierung der Rolle<br />

der K nstler in der Nachkriegszeit eine erhebliche Bedeutung. Die nationalsozialistische<br />

Kulturpolitik und in deren Zentrum die Kampagne „Entartete Kunst“ f hrte paradoxerweise<br />

auch dazu, daß den K nstlern weit ber ihren urspr nglichen Wirkungsbereich<br />

hinaus gesellschaftliche Relevanz zugesprochen wurde. Damit ging eine Radikalisierung<br />

der Sichtweisen auf den K nstler berein: Auf der einen Seite wurde er als Scharlatan,<br />

Schmarotzer und Krimineller diskriminiert, der durch seine subjektiven ußerungen eine<br />

gesellschaftliche Gefahr darstelle und dies u. U. mit seiner Existenzgrundlage wenn nicht<br />

seinem Leben bezahlen m sse; gleichzeitig wurde der K nstler zum Vollstrecker des<br />

Volkswillens mit Vorbildcharakter erkl rt. Dennoch sind die Positionen nicht so widerspr<br />

chlich, wie es scheint: Sowohl die Kriminalisierung als auch die Erh hung zum<br />

gesellschaftspr genden Vorbild unterstellten dem K nstler einen erheblichen Einfluß auf<br />

das ffentliche Leben und begr ndeten daraus eine entsprechende Erwartungshaltung.<br />

Im Rahmen der Codierung der abstrakten Kunst in der Nachkriegszeit wurde diese extreme<br />

Sichtweise von den Lobbyisten der abstrakten Kunst perpetuiert. Der K nstler<br />

wurde als Prophet einer nationalen Erneuerung inszeniert, und der von den Gegnern an-<br />

48 1947 er ffnete er mit einem Vortra ber Heutige Aufgaben der theoretischen Philosophie den 1.<br />

deutschen Philosophentag nach dem Zweiten Weltkrieg (vgl. Sch lzel 1989, 313). Seine Verbindung<br />

zum NS-Regime problematisierte erst ein Forschungsprojekt an der FU Berlin Ende der 80er Jahre<br />

(vgl. Haug 1989).

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