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Abstrakte Kunst als Modell einer neuen Ordnung 59<br />
haupts hliche, f r den NS wesentliche Merkmal an Utitz' Buch sieht Hein in der<br />
Propagierung der neuen Gegenst ndlichkeit, durch die die „archaische Emphase des nordischen<br />
Expressionismus [...] zur Ordnung gerufen“ werden sollte (227). Abgesehen von<br />
der Forderung nach einer neuen Gegenst ndlichkeit sind die Gemeinsamkeiten mit der<br />
Argumentation Domnicks eklatant.<br />
Utitz' Buch mit dem Titel Die berwindung des Expressionismus. Charakterologische<br />
Studien zur Kultur der Gegenwart erschien 1927 als Versuch einer umfassenden Untersuchung<br />
der aktuellen Lage, die er als krisenhaft verstand. Utitz betont die weit ber den<br />
Bereich der bildenden Kunst hinausgehende Bedeutung seiner Fragestellung. Es sei keine<br />
„Kunstfrage, vielmehr eine der gesamten Kultur“ (5). Die bildende Kunst sei lediglich<br />
Spiegel der aktuellen Entwicklungen des Menschen (vgl. 126). Schon hierin hnelt seine<br />
Auffassung der Domnicks, der in der Auseinandersetzung mit der abstrakten Malerei<br />
„eine Forderung unserer Zeit, nicht so sehr allein eine nstlerische Angelegenheit“<br />
(1947, 13) sieht. Obgleich diese Ver ffentlichungen in einem zeitlichen Abstand von 20<br />
Jahren erschienen sind, gleicht sich die Beurteilung des Expressionismus teilweise bis hin<br />
zur Wortwahl.<br />
bereinstimmend halten Domnick und Utitz den Expressionismus f r eine Reaktion auf<br />
die naturwissenschaftliche bzw. naturalistische Epoche der Jahrhundertwende, die sich<br />
allzu kalt und berechnend vom Menschlichen entfernt habe. Utitz schreibt: „Der Triumph<br />
der Naturwissenschaft war ein Erfolg des W gens und Messens, Berechnens und Errechnens,<br />
des hlen, strengen Denkens [...]. Die neue Wirklichkeit stand im Zeichen des<br />
Naturgesetzes. Unter seinen siegreichen Fahnen trat die Technik ihren Eroberungszug<br />
an. In dieser entg tterten Verstandeswelt erloschen die absoluten Werte.“ (1927, 27)<br />
Auch Domnick versteht den Materialismus als eine unerreichbare Illusion. Durch den<br />
„Schock“ der Psychoanalyse sei er in Frage gestellt worden (vgl. 1947, 14), und der<br />
Expressionismus habe darauf reagiert. „Das Irrationale in jeder Form meldet sich an und<br />
nkt nun als tiefere, echtere, eigentlichere Wirklichkeit“, schreibt Utitz (1927, 31). Aber<br />
darin habe sich auch eine große Gefahr gezeigt, das Subjektive des Expressionismus habe<br />
die Welt ihrer Wertigkeit beraubt und „droht zu erstarren in einer manirierten Haltung“<br />
(Domnick 1947, 16).<br />
Der Expressionismus sei also nicht die richtige Antwort auf die konstatierte Entwicklung<br />
gewesen, und aus diesem Grund m sse er nun abgel st werden. Der Expressionismus, so<br />
Domnick, war „eine revolution re Tat, eine affektiv geladene Protesthaltung gegen die<br />
damaligen Formen der Gesellschaft, der Religion, des Naturalismus. Er sprengte die Fesseln,<br />
schrie nach Freiheit und war, soziologisch gesehen, ein aufschlußreiches Dokument