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126<br />

Kapitel 3<br />

etwas, das nur die Außenseite des Menschen, nur die Oberfl<br />

he des menschlichen Daseins<br />

umfaßt. [...] Der franz sische und der englische Begriff 'Zivilisation' kann sich auf<br />

politische oder wirtschaftliche, auf religi se oder technische, auf moralische oder gesellschaftliche<br />

Fakten beziehen. Der deutsche Begriff 'Kultur' bezieht sich im Kern auf geistige,<br />

nstlerische, religi se Fakten, und er hat eine starke Tendenz, zwischen Fakten<br />

dieser Art auf der einen Seite, und den politischen, den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />

Fakten auf der anderen, eine starke Scheidewand zu ziehen.“ (1988, 2 f.) 43 Die<br />

Technik wird in dieser Perspektive als Unterbegriff der Zivilisation in einen Gegensatz zu<br />

der h herbewerteten Kunst und Kultur 44 gestellt. Als „Wert zweiten Ranges“, der nur die<br />

Materialit t, die Oberfl<br />

he ber hre, wird die Technik (und Wirtschaft) in einen Gegensatz<br />

zu den „geistigen“ Werten gestellt (vgl. auch Ringer 1983, 85).<br />

Diese Dichotomie war Kernpunkt eines Antiamerikanismus des Bildungsb rgertums seit<br />

dem ausgehenden 19. Jahrhundert (vgl. Sch ler 1990). Die Erfahrung einer technischen<br />

und folglich wirtschaftlichen berlegenheit der USA m ndete in eine Technikkritik, die<br />

in den Dienst des Nationalismus gestellt wurde. Der technische Fortschritt und die<br />

Wirtschaft wurden mit Amerikanismus gleichgesetzt und als eine Bedrohung des<br />

„deutschen Geistes“ verstanden. „[D]ie Bedrohungserfahrungen des deutschen<br />

Bildungsb rgertums vor der sprunghaften Bedeutungszunahme von Wirtschaft und<br />

Technik“ (Sch ler 1990, 204) ußerten sich vor allem in der Konstatierung einer<br />

„Kulturkrise“ (vgl. zu deren Genese Ringer 1983, 229 ff.), die selbst Domnick und Rebay<br />

noch zum unhinterfragten Ausgangspunkt ihrer berlegungen machen. Im Gegenzug<br />

erfolgte eine diskursive Abwertung der technischen Entwicklung durch ein Beharren auf<br />

einer Hierarchie, an deren Spitze die Kultur stehe: „Die Erfahrung der amerikanischen<br />

Mischung von Pragmatismus und Rationalismus wurde durch ein kulturelles<br />

berlegenheitsbewußtsein kompensiert, das in den Vereinigten Staaten nur<br />

Oberfl<br />

hlichkeit und platten Materialismus ohne Geist, Geschmack und Moral sah.“<br />

(Sch ler 1990, 154) Auch nach 1945 spiegeln Vorbehalte gegen ber der Technik ein<br />

kulturkritisches Argument: „Danach f hrt die [durch die Technik erm glichte, KB]<br />

Bev lkerungsexplosion zum 'Aufstand der Massen' (Ortega) bzw. zur<br />

43 Vgl. zur Geschichte dieser Termini auch Wyss 1985, 323 f. Die Unterscheidung, die man nach 1945<br />

wohl als Allgemeingut bezeichnen kann, nennt Wyss „so deutsch, wie nur m glich.“ (324) Vgl. auch<br />

Ringer (1983, 83 f.).<br />

44 Wilhelm Pinder ging in Zusammenfassung des Streits um die Moderne der Jahrhundertwende (vgl.<br />

Belting 1992, 33 ff.) in der Einleitung seiner 1935 erschienen Geschichte der deutschen Kunst noch<br />

weiter, er schrieb: „'Modernit t ist berhaupt kein Begriff der Kunst', sondern geh rt in den Bereich<br />

der 'Technik, der Mode'„ (zit. nach Belting 1992, 33). Dieses Buch wurde 1952 neu aufgelegt.

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