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56<br />

Kapitel 2<br />

Weltkrieges vor, und welcher Vorbilder bedient er sich dabei? Sein Verfahren besteht im<br />

wesentlichen darin, Traditionen und Elemente der Erneuerung der abstrakten Malerei zu<br />

definieren und ihr damit eine ganz spezifische Bedeutung zuzuordnen. Nachfolgend<br />

sollen die wesentlichen daraus entstehenden „Geschichten“ (Diskurse) vorgestellt<br />

werden, die einander bedingen und nicht pr ise voneinander zu trennen sind. Dabei soll<br />

der Versuch unternommen werden, ihre Verdichtung hin zu einem Codierungsangebot<br />

nachzuzeichnen. 34<br />

Gebrochene Identit ten - Zwischen Tradition und Neuanfang<br />

Zun hst erstaunt, daß Domnick den Nationalsozialismus nur als eine bedauerliche Irritation,<br />

als „Episode“ ohne Konsequenzen erw hnt, aber dann keinerlei Bezug mehr<br />

darauf nimmt. Statt dessen deklariert er - im Verborgenen, unter dessen Oberfl he - eine<br />

quasi naturgesetzliche Entwicklung der Kunst im 20. Jahrhundert, obgleich der NS f r<br />

die moderne und somit auch die abstrakte Kunst so nachhaltige negative Auswirkungen<br />

hatte. Wie ist diese bewußte Ignoranz einzusch tzen, gilt Domnick die nationalsozialistische<br />

Kunst als so wenig 'satisfaktionsf hig', daß er ihr damit den Kunstcharakter von<br />

vornherein absprechen will? Warum baut er statt dessen ausgerechnet eine Polarit t<br />

zwischen Expressionismus und abstrakter Kunst auf, die doch, wenn man ihr Schicksal<br />

im nationalsozialistischen Deutschland betrachtet, so gleichermaßen betroffen waren und<br />

denen doch nach dem Krieg als „moderne“ Kunstrichtungen beiden zun hst mit Distanz<br />

begegnet wurde?<br />

Der Expressionismus wird in Domnicks Beurteilungen als das Andere, das Fremde inszeniert<br />

und ist das Negativbild, anhand dessen die (positive) Codierung der abstrakten<br />

Kunst erst aufgebaut werden kann. Damit steht Domnick nicht allein: Es wird f r die<br />

unmittelbare Nachkriegszeit h ufig eine Abneigung gegen die expressionistische Kunst<br />

konstatiert, obgleich aufgrund ihrer Verfolgung im Nationalsozialismus „ihre Rehabilitierung<br />

und Reaktivierung kunstpolitisch opportun h tte sein k nnen.“ (Warnke 1985, 212)<br />

Auch andere Autoren dieser Zeit sprechen sich gegen den Expressionimus aus (vgl.<br />

Glaser 1990, 226). Franz Roh bezeichnet die „Gebilde“ des Expressionismus 1945 z. B.<br />

als „manchmal etwas wirr, vor allem aber grob“. Kurt Leonhard benennt ihn 1947 als<br />

34 Domnicks Texte zur abstrakten Kunst in diesem Band sind weitaus umfangreicher als z. B. die Texte<br />

zu den beiden anderen exemplarisch vorgef hrten Ausstellungen dieser Untersuchung. Dies verweist<br />

darauf, daß zumindest Domnick 1947 einen extremen „Erkl rungsnotstand“ empfand, dem er mit<br />

diesen umfassenden Interpretationen zu entgegnen suchte. In sp teren Jahren kann ein Autor vermutlich<br />

davon ausgehen, daß bereits ein Grundkonsens, ein allgemeines Minimalwissen herrscht, auf<br />

dem er aufbauen kann.

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