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Abstrakte Kunst und Wirtschaftswunder 151<br />
steht nicht mehr die Frage im Zentrum, ob der bildende K nstler die Abbildung objektiver<br />
Werte auf abstrakten Bildern leisten k nne, sondern die Frage, welche Funktion die<br />
Kunst generell im Rahmen einer Werteverlagerung im 20. Jahrhundert f r den Menschen<br />
spielen k nne und solle. Daß diese Diskussion anhand der abstrakten Kunst gef hrt wird,<br />
scheint niemand mehr zu wundern. Die eigentliche Aufgabe der Kunst, so betont Sedlmayr,<br />
sei eine Sch pfung aus unver nderlichen, immer gleichen berzeitlichen Werten<br />
(vgl. Evers 1951, 56), und hierin zeigt sich ein genuiner Unterschied zu den Bef rwortern<br />
der abstrakten Kunst wie z. B. Domnick, der den „objektiven Geist“ mit Hartmann 13<br />
als einen ver nderlichen Wert definiert. Domnick und seine Mitstreiter proklamieren<br />
einen „Bruch“, verstanden als kulturelle, zivilisatorische und gesellschaftliche<br />
Ver nderung auf der einen Seite und NS und Krieg auf der anderen, als Bestandteil des<br />
„objektiven Geistes“, er werde in der abstrakten Kunst integriert, gespiegelt und zu einer<br />
neuen bergeordneten Einheit verarbeitet. Die abstrakte Kunst, so wird auch in den<br />
Darmst ter Gespr chen wieder betont, habe das Angebot einer neuerlichen Synthese,<br />
ihren „Aufbauwillen“ (vgl. Domnick in Evers 1951, 133) unterbreitet, der aber von den<br />
Gegnern der modernen Kunst als Preisgabe des berkommenen Kunstbegriffs verurteilt<br />
wird. Sedlmayr meint n mlich, die Kunst m sse dem Bruch statische, verl ßliche Werte<br />
entgegenstellen, und er steht mit dieser Ansicht keinesfalls allein, wie die Diskussionen<br />
zeigen.<br />
Gemeinsam haben die gegnerischen Positionen allerdings, daß beide einen „objektiven<br />
Geist“ bzw. „h here Werte“ als Bezugspunkt und unhinterfragbare Autorit t f r die<br />
Kunst behaupten. Unstimmigkeiten ber deren Definition bzw. Auslegung bestimmen<br />
zwischen den Zeilen, aber als das grundlegende und nicht z berbr ckende Grund-<br />
Mißverst ndnis die ganze Diskussion in Darmstadt 1950. Dabei werden im Grunde<br />
wiederum Strategien verhandelt (siehe S. 108), auf welche Weise die „Kulturnation“ sich<br />
unter den ver nderten Bedingungen als Code der nationalen Identit t behaupten k nne.<br />
Es wird aus diesem Grund auch in den Darmst ter Gespr chen nicht ber Kunst diskutiert,<br />
sondern ber Konnotationen und inwieweit sie der abstrakten Kunst zuzuordnen<br />
seien. Hierbei werden wiederum bin re Konstruktionen bem ht, zum Beispiel die bereits<br />
vorgestellte Dichotomie zwischen Kultur und Zivilisation 14 und vor allem Technik. In der<br />
13 Nicolai Hartmann wird als Bezugspunkt dieser Einsch tzung auch in Darmstadt genannt, vgl. Evers<br />
1951, 183.<br />
14 So argumentiert 1950 auch Karl Scheffler in Kunst ohne Stoff. Ebenso wie bei Domnick und Sedlmayr<br />
wird eine Krise der Kunst beschworen: „Politisch wurde der Augenblick akzentuiert durch den