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Kapitel 5<br />
Wohnzimmer, Geschirrschrank und als Textilien: bauchige Vasen (Abb. 59 und 60);<br />
Lampenschirme, die an Architektur wie z. B. das Guggenheim-Museum erinnerten (Abb.<br />
61, 62); Folien; stromlinienf rmig gebogene St nder f r Salzbrezeln, deren Inspiration<br />
bei der „abstrakten“ Kunst eklatant ist (Abb. 63 und 64). „Tapeten, Dekorationsstoffe<br />
und Bodenbel ge sahen bald wie ein repr sentativer Querschnitt durch den modernen<br />
Kunstmarkt aus.“ (Borngr ber 1985, 244; vgl. Wessel 1996; Abb. 65 und 66)<br />
Solche relativ preis nstigen Accessoires dominierten auch die ersten Neuerungen im<br />
Wohnambiente, denn kaum ein Haushalt hatte in den 50er Jahren das Geld f r gr ere<br />
Neuanschaffungen, 24 und wenn, griff er (zu 60 %) 25 lieber auf die bew hrten Klassiker im<br />
Gelsenkirchener Barock zur ck. Die Zugest ndnisse der KonsumentInnen an die<br />
zeitgen ssischen Produkte wurden also vor allem dort gemacht, wo sie mit verh ltnism<br />
ßig wenig Mitteln realisiert werden konnten. Ein wenig Extravaganz erlaubte man sich<br />
„bei der Auswahl von Gardinen, Tapeten, Teppichen, Auslegeware, Lampenschirmen<br />
sowie auch bei der Wahl des Geschirrs [...], der Haushaltsgegenst nde“ und bei den<br />
„Kleinm beln wie den Zeitungsst ndern, [...] Blumenst ndern“ usw. (Delille/Grohn<br />
1985, 133; vgl. auch G nter 1996) 26<br />
Neue Einrichtungen wurden bevorzugt aus alten M beln zusammengestellt und modisch,<br />
z. B. durch aufklebbare Folien, aufgepeppt. Ich zitiere den Ratgeber f r Haus und Familie<br />
1958/59: „Da ist zum Beispiel ein alter zweit riger Schrank mit Kugelf ßen, geschweiftem<br />
Aufsatz und Zierleisten. [...] Die F ße werden abges gt, ebenso der Aufsatz<br />
[...]. Auch die Zierleisten m ssen verschwinden, meist kann man sogar die ausladenden<br />
Erker kurzerhand abs gen. [...] Die Schrankt r bekleben wir mit einer bunten gemusterten,<br />
abwaschbaren Tapete oder mit Kunststoff“ (zit. nach Pallowski 1985, 25).<br />
Die neuen Gebrauchsgegenst nde zeigten sich also vor allem in den damals noch unbestrittenen<br />
Dom nen der Frau. Und man kann davon ausgehen, daß es auch Frauen waren,<br />
die solche Gegenst nde kauften und benutzten. Man vergegenw rtige sich die demogra-<br />
24 Die Wirtschaftswissenschaftlerin Else Meissner konstatiert ebenfalls eine geschmackliche<br />
„Abstumpfung“, die sie auf die Armut der Nachkriegsjahre zur ckf hrt, in denen es allen egal<br />
gewesen sei, wie ein Gebrauchsgegenstand ausgesehen habe, zumal man ihn oft mit anderen<br />
Menschen habe teilen m ssen (vgl. 1950, 25).<br />
25 So das Ergebnis einer Umfrage des Institutes f r Demoskopie in Allensbach 1954 (vgl. Borngr ber<br />
1995, 252).<br />
26 Bereits 1950 warnte Else Meissner vor Kleinm eln. Sie seien „beliebtes und gef hrliches Objekt<br />
pseudokunstgewerblicher Produktion; sie werden leider in Warenh usern und Haushaltsgesch ften in<br />
viel zu großen Massen und mit viel zu wenig Kritik angeboten und verf hren gerade dann zu<br />
un berlegten K ufen, wenn sich gr ßere Anschaffungen aus finanziellen Gr nden verbieten.“ (73)