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Mit abstrakter Kunst auf dem Weg zur ck in die Zivilisation 103<br />

lands. Beide Debatten zeigten vor 1950 Gemeinsamkeiten, die eine politische Unterscheidung<br />

schwerfallen lassen. Erst im Verlauf der Diskussionen erfuhren die Positionen<br />

eine weitere Differenzierung und Konkretisierung.<br />

Die Hofer-Nerlinger-Debatte markiert gleichzeitig auch die Er ffnung der ostdeutschen<br />

Debatte, die in der T lichen Rundschau, dem Publikationsorgan der Sowjetischen Milit<br />

rverwaltung in Berlin, fortgef hrt wurde (vgl. Dollichon 1992, 66). Der sozialistische<br />

Realismus - ein Begriff, der in dieser Debatte erst 1948 auftauchte und bis Anfang der<br />

50er Jahre auch nur z gerlich verwendet wurde - wurde als „Auseinandersetzung eines<br />

sozialistischen Bewußtseins mit der objektiven Wirklichkeit, und zwar in der Absicht, sie<br />

zu ver ndern“, beschrieben (69). Dem stand - auch in großen Teilen der ostdeutschen<br />

K nstlerschaft - die Auffassung entgegen, gerade die moderne Kunst sei in Form und<br />

Inhalt das ad quate Mittel, ver ndernd auf die Gesellschaft einzuwirken (vgl. 69-73).<br />

Dabei wurde der revolution re Aspekt der modernen Kunst, den Domnick und hnlich<br />

gesinnte Westdeutsche auszuschließen versuchten, von Bef rwortern wie Gegnern der<br />

abstrakten Kunst in Ostdeutschland in den Vordergrund gestellt.<br />

Hingegen kam der zweite und im Westen weitaus wirkungsvollere Angriff gegen die<br />

moderne und damit auch die abstrakte Kunst wiederum aus dem konservativen B rgertum:<br />

Hans Sedlmayr ver ffentlichte 1948 sein Buch Der Verlust der Mitte (1988) und<br />

f hrte darin eine Tradition der Ablehnung weiter, die auch zuvor schon zu vernehmen<br />

gewesen war (siehe S. 47), legte aber in sie die ganze Autorit t einer (wiedereingesetzten)<br />

Eminenz der universit ren Kunstgeschichte. 3 Seine Begr ndung f r die<br />

Ablehnung der Kunst basierte auf der Diagnose 4 eines zunehmenden inneren Verfalls<br />

Europas, der mit der Franz sischen Revolution begonnen habe. Die Kunst spiegele<br />

3 Sedlmayrs Buch ist nicht die einzige Ver ffentlichung jener Zeit gegen die moderne Kunst mit kulturpessimistischem<br />

Hintergrund, sicher aber die bekannteste. hnlich argumentierten z. B. auch Picard<br />

(1946 und 1954) und F rster (1951).<br />

4 Auff llig ist bei Sedlmayr die sprachliche Entlehnung bei einem medizinischen Vokabular wie<br />

„Diagnose“ (vgl. z. B. 1988, 7), „Symptomen“ (im Untertitel), wie „Hypertrophie der niederen Geistesformen“<br />

(161), „Krankheit“ der Zeit (166) usw. Diese Sprache wurde seit der Jahrhundertwende<br />

auf die moderne Kunst angewendet (vgl. Wollenhaupt-Schmidt 1994, Kap. 3.1.1.3.), war aber auch<br />

typisch f r den NS (vgl. Haug 1986, Kap. 2).<br />

Auch Ottomar Domnick kritisierte Sedlmayrs Sprache in seinem Beitrag zu den Darmst ter Gespr -<br />

chen 1950 (vgl. Evers 1951, 129). Der Diskussionsleiter Evers selbst machte dies zu einem der Diskussionspunkte<br />

(vgl. 123 f). Der Vergleich mit der Pathologisierung der Kunst im NS wurde in dieser<br />

Diskussion allerdings nur mittelbar vorgenommen (vgl. 124).

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