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196<br />

Kapitel 5<br />

die auch von einzelnen Theoretikern und Ausstellungen zugestanden wurde, wurde diese<br />

diskursive Abwertung nun noch eine Stufe tiefer anzusiedeln versucht und in der Unterscheidung<br />

zwischen „guter“ Form und „Stromlinienform“ fortgef hrt. 18<br />

Die angef hrten Konnotationen dieser negativ beurteilten Stromlinienform wie s ß, unecht,<br />

Verzierung, Aufbl hung, Ornament, Dekorativismus, Zuckerguß, Kitsch usw. geh<br />

ren aus b rgerlich-patriarchaler Perspektive in den Kanon der Attribute des<br />

„Weiblichen“, als dessen Gegenteil die m nnlich konnotierte, geistige „gute Form“ konstruiert<br />

wird. In dieser Charakterisierung treffen sich sowohl die Ausgrenzungsstrategie<br />

der Kunst- als auch die der Designdebatte, an unterster Stelle in dem skizzierten Reigen<br />

diskursiver Verschiebungen steht jeweils das „Weibliche“.<br />

Doch es gibt noch einen anderen berschneidungspunkt, der Wertmaßst be der<br />

vorhergehenden Debatte aufnimmt: Das stromlinienf rmige Design galt als Import aus<br />

den USA. 19 Die Stromlinienform wurde bereits seit den 30er Jahren in Europa mit<br />

Amerikanismus und Taylorismus in Zusammenhang gebracht. Daß sie in der Zwischenzeit<br />

l ngst in Europa adaptiert wurde und selbst in Produkten des NS Verwendung fand,<br />

so z. B. in dem legend ren VW-K fer, blieb bei dieser Beurteilung ausgeblendet (vgl.<br />

Selle 1990, 231-235). 20 Diese Stilrichtung konnte im diskursiven Gef e in der Nachfolge<br />

des Bildungsb rgertums mit dem im Rahmen des Kulturpessimismus verp nten<br />

Amerikanismus (siehe S. 126) verbunden werden, der gleichzeitig f r Wirtschaft,<br />

Technik und Konsum stand. Die aus den Reihen der Designer lancierte Verdopplung der<br />

Abwertung mit dem Vorwurf der „Stromlinie“ ist vor diesem Hintergrund als Reaktion<br />

auf die wirtschaftliche Vormachtstellung der USA zu lesen (vgl. Selle 1973, 105).<br />

Unterst tzt wurde dieses Verst ndnis vermutlich auch durch die seit 1950 tourende<br />

Wanderausstellung des Museum of Modern Art: Industrie und Handwerk schaffen neues<br />

Hausger t in USA, die z. B. eine modern eingerichtete, vollst ndige K che zeigte und<br />

ber die ein Film in der Wochenschau lief (vgl. Borngr ber 1985, 237). 21 Hier wurde z.<br />

B. auch das Geschirr Town and Country von Eva Zeisel aus den USA ausgestellt (Abb.<br />

18 „Die Gute Form im Werkbundgeist bildete den Maßstab. Weiche, rundliche Formen waren allenfalls<br />

f r einzelne Sessel erlaubt.“ (Mundt 1993a, 26)<br />

19 Und es wurde gegen Ende des Jahrzehnts in Deutschland auch - bis auf weiteres - wieder verdr ngt<br />

(vgl. Mundt 1993a, 26).<br />

20 Zum Verh ltnis von Amerikanismus und Stromlinienform vgl. Bignens 1992.<br />

21<br />

ber das zwiesp ltige Verh ltnis zur Amerikanisierung des Haushalts vgl. Wildt 1996.

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