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Kapitel 4<br />

Analyse einer Ver nderung der Gesellschaft sind sich dabei alle Kontrahenten einig. Die<br />

Bef rworter der abstrakten Kunst sch tzen die Technik dabei nicht - wie Sedlmayr und<br />

seine Mitstreiter - als Katalysator einer negativen Entwicklung ein, sondern als Vorbild<br />

einer Auss hnung. Auch ihnen geht es um eine Sicherung des Codes „Kulturnation“, die<br />

sie allerdings durch eine Modernisierung des Codes erreichen m chten. Zur<br />

Untermauerung ihrer Ansicht werden wiederum Traditionen und darauf aufbauend neue<br />

Argumente konstruiert: „[F]ast alle K nstler unseres Jahrhunderts“, so Kurt Leonhard,<br />

„haben sich als K mpfer gegen Mechanisierung und Utilitarismus gef hlt - freilich nicht<br />

mit Pfeil und Bogen gegen ferngesteuerte Raketengeschosse, sondern indem sie sich der<br />

gleichen fortschrittlichen Waffen bedienten wie die entwickelte Macht der Technik, um<br />

diese, die Technik, unter die Herrschaft des Geistes zu zwingen. Diese Waffen heißen<br />

Pr ision, Subtilit t, Intelligenz, Abstraktion.“ Es gehe darum, daß die Kunst „aus den<br />

Elementen der Unordnung neue kosmische Ordnungen f t, in denen die dissonante<br />

Wirklichkeit zwar nicht verleugnet, aber 'aufgehoben' - im doppelten Sinne des Wortes -<br />

wird.“ (in Evers 1951, 113)<br />

Daß es dabei nicht nur um eine Weiterf hrung, sondern um eine Neudefinition der Tradition<br />

geht (wobei diese Tradition gleichwohl Basis der Codierung bleibt), zeigt sich<br />

auch an der fehlenden Reaktion auf einen Appell an eine gemeinsame Tradition,<br />

dargebracht von einem Gespr hsteilnehmer aus Weimar: „Wir beide, sowohl wir da<br />

dr ben wie Sie hier, sind Teilhaber des gleichen nationalen Erbes und an dieses gleiche<br />

nationale Erbe pflegen wir sehr gern zu denken, vielleicht mit einer gr eren W rme als<br />

diejenigen, die - wie ich doch hier h re - sehr gern von dem Willen sprechen, ganz von<br />

vorn anzufangen.“ (Weidhaas in Evers 1951, 117) Der Apell bleibt unkommentiert.<br />

Solcherlei Vorw rfe treffen 1950 offenbar keinen offenliegenden Nerv. Tradition, so<br />

zeigen die Diskussionen in Darmstadt, soll nach dem Willen eines Großteils der<br />

Diskutanten eine Liaison eingehen mit der modernen Entwicklung. Ein bloßes Beharren<br />

auf traditionellen Werten allein k nne nicht mehr befriedigen, denn durch die<br />

Kunstpolitik der Nationalsozialisten und gleichzeitig die Konkurrenz zur DDR sei<br />

Tradition allein nicht mehr glaubw rdig. Im Gegenteil: das ungebrochene Festhalten an<br />

Ausbruch der Großen franz sischen Revolution, geistesgeschichtlich durch den bergang von einer<br />

Kultur zu einer Zivilisation, nstlerisch durch den Schritt von der unbewußt organisierenden<br />

Tradition zur bewußten Wahltradition.“ (14, Hervorhebung KB) Es sei eine wesenlose, entstofflichte<br />

Kunst entstanden, der er eine „biologische Minderwertigkeit“ (38) attestiert und die sogar<br />

mitverantwortlich sei f r den Nationalsozialismus: „die verzweifelte Formzertr mmerung in der<br />

Kunst war nicht nur Wirkung, sondern auch Ursache - neben vielen anderen Ursachen - der<br />

schrecklichen politischen Bewegung.“ (39)

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