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Kapitel 2<br />

Die legitimen Ahnen der abstrakten Kunst der Nachkriegszeit sieht Domnick in den Kubisten<br />

und Konstruktivisten (vgl. 1947, 15 f.). „Affektive Momente lehnten die Kubisten<br />

und Konstruktivisten ab. Sie erkannten ihren geometrischen Ort klar, stellten sich bewußt<br />

in das technische Zeitalter, konstruierten Formen und entwickelten Maschinenbilder. [...]<br />

Diese M nner waren berzeugte Antiexpressionisten und pflegten deswegen bewußt die<br />

Strenge und formale Ordnung. Dort liegen die Wurzeln der abstrakten Malerei.“ (15)<br />

Domnick versucht, die revolution ren, dekonstruktiven Aspekte der Moderne dem Expressionismus<br />

anzulasten und die abstrakte Malerei durch die Abgrenzung vom Expressionismus<br />

hiervon freizustellen. Auch die in seinen Augen großen 'V ter' der abstrakten<br />

Kunst Kandinsky und Klee, selbst Marc - alle zuvor als bedeutende Vertreter des Expressionismus<br />

gefeiert! - m ssen auf die andere Seite gezogen werden.<br />

Durch diese Konstruktion reagiert Domnick auf die Diffamierung der modernen Kunst<br />

durch die nationalsozialistische Kampagne „Entartete Kunst“. Sie war, so schreibt Walter<br />

Grasskamp, „nicht irgendein bl dsinniger, vernagelter oder barbarischer Angriff auf die<br />

moderne Kunst“, sondern „ein suggestiver und raffinierter Versuch, die moderne Kunst<br />

auf der H he ihrer Mittel und Probleme zu diskreditieren: eine f r viele Besucher sicherlich<br />

schl ssige Attacke, die auch nach der Befreiung vom Nationalsozialismus ihre Wirkung<br />

nicht v llig einb ßte.“ (1989, 76) An zentraler Stelle dieser Polemik stand die<br />

Kennzeichnung der modernen Malerei als subjektive ußerung Einzelner, die zerst rerisches<br />

Potential habe. Domnick behauptet nun f r die abstrakte Kunst das Gegenteil,<br />

spricht dem Expressionismus aber alle negativen Attribute zu. Die Polarisierung zeichnet<br />

sich ab, wenn man die Attribute der beiden Kunstformen einander gegen berstellt (die<br />

kursiv gekennzeichneten Begriffe wurden als Komplement rbegriffe von mir erg nzt).<br />

Den „Antipoden“ abstrakte Kunst - Expressionismus entsprechen die Gegens tze bewußt<br />

- affektiv, objektiv - subjektiv, konstruktiv - destruktiv, modern - konservativ, geistig -<br />

ungeistig, nicht revolution r - revolution r, friedlich - k mpferisch, positiv - negativ,<br />

Sachlichkeit - Sentimentalit t, Form - Aufl sung, Strenge - Gef hl, Maß - Maßlosigkeit,<br />

Ordnung - Unordnung, Harmonie - Disharmonie, Tat - Reaktion (vgl. 1947, 16).<br />

Die Liste der Bedeutungen, die dem Expressionismus zugeordnet werden, steht nach<br />

dem Krieg f r mehr als f r eine Kunstrichtung: es sind - im Verst ndnis der Nachkriegszeit<br />

- die abwertenden Attribute des Nationalsozialismus. Und jedem Bewohner<br />

Deutschlands werden damals unweigerlich die Assoziationen an den soeben zu Ende<br />

gegangenen Krieg eingefallen sein. Die positiven Bezeichnungen aber sind solche, die<br />

auch der NS nach einer kurzen „revolution ren“ bergangsphase f r sich reklamierte.<br />

Hier zeigt sich das Ph nomen eines relativ ungehinderten berlebens wertkonservativer

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