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Kapitel 2<br />
Ver ffentlichung der Vortragsreihe (vgl. auch Zahn 1948), die ein Angebot des<br />
„Burgfriedens“ enth lt.<br />
Bez lich der Bilder aber bleibt es eine Glaubensfrage, ob man seinem Modell - und vor<br />
allem in Hinblick auf welche Bilder - zustimmt. Domnick selbst gibt zu, daß man die<br />
Unterschiede nicht sehen k nne. „Das Nacherleben gelingt aber nicht durch Bildanalyse.“<br />
(1947a, 111) Die Spreu vom Weizen zu trennen, gel nge schließlich sogar dem Kenner<br />
kaum (vgl. 1947, 19). Dennoch benennt Domnick einige Eigenschaften der abstrakten<br />
Kunst, und es fragt sich, ob auf dieser Basis eine Form der sthetischen Codierung<br />
parallel zu der schriftsprachlichen und rituellen inszeniert wird.<br />
sthetische Grenzziehungen<br />
In Domnicks theoretischem Modell der Vermittlung des „objektiven Geistes“ nehmen die<br />
Bilder eine sekund re Position hinter der K nstler-Pers nlichkeit ein. Gleichwohl trifft er<br />
einige Aussagen ber die Gestaltung dieser neuen Malerei, und man kann anhand dieser<br />
ußerungen seine dritte „Geschichte“ rekonstruieren.<br />
Zentral ist hierbei die Bezeichnung „Urformen“, die sowohl bei Domnick als auch bei<br />
dem K nstler Baumeister (vgl. Baumeister 1988) immer wieder auftaucht. Der Begriff ist<br />
urspr nglich einem neuplatonischen Gedankengeb ude zuzuordnen, in dem die<br />
abwesenden und unsichtbaren Urformen oder Archetypen die Vorlage f r alle<br />
nachfolgenden Abbilder darstellen. Mit der Behauptung, diese „Urformen“ selbst seien in<br />
Gem lden festzuhalten, n hert sich diese Vorstellung vom Bild dem einer Ikonostase. 65<br />
Demnach sind die Bilder mit ihrem Inhalt identisch - und lebendig. Domnick spricht von<br />
einem „atmenden Kunstwerk“, das abstrakte Bild sei „eine geistige Welt, die atmet und<br />
lebt.“ (1947a, 109) Bei dieser Vorstellung vom Bild er brigt sich jede formale<br />
Bildbetrachtung, denn sie w re identisch mit einer inhaltlichen. Vielleicht ist dies ein<br />
weiterer Grund daf r, daß ber einzelne Bilder in jener Zeit nicht geschrieben wurde.<br />
Domnick setzt dem Begriff „Urformen“ die Bezeichnungen „wachsende Form“,<br />
„amorphe Gebilde“, „[p]flanzenhaftes Wachstum, Triebkr fte der Erde, algenhafte Formen,<br />
Kristalle“ analog. „Die bei der Erlebnisform der Vorgestalt auftretenden Urformen,<br />
amorphen Gebilde, sind ja gerade die Formsprache der abstrakten Malerei. Die<br />
Vorgestalt, die dem schaffenden K nstler vorschwebt, wird hier unmittelbar in den<br />
Schaffensprozeß einbezogen. Die Spannungserlebnisse, die den K nstler zur Produktion<br />
65 Die Verbindung von christlich-orthodoxer Bildauffassung und ungegenst ndlicher Kunst wurde schon<br />
fr h gekn ft, z. B. durch den von 1921 bis 1924 an den Moskauer Schule Vchutemas t tigen<br />
Priester, Kunstwissenschaftler und Mathematiker Pavel Florenskij (vgl. Florenskij 1988 und 1989).