26.12.2013 Aufrufe

Download (8Mb)

Download (8Mb)

Download (8Mb)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

200<br />

Kapitel 5<br />

Niels von Holst schrieb am 21.3.1952 in Die Neue Zeitung anl ßlich der Mannheimer<br />

Ausstellung Die gute Industrieform ber die organisch geformten Gegenst nde:<br />

„Beispiele dieser Art sind in der Mannheimer Ausstellung selten; das Publikum findet<br />

hingegen in den L den die schwellenden Formen allenthalben, auch im Ausland. [...] Ist<br />

die nicht wegzuleugnende Vorliebe f rs M htige und ppige psychologisch eine Reaktionserscheinung<br />

auf Entbehrung und Einschr nkung der Kriegszeit?“ Es dr ngt sich die<br />

Parallele zu der beschriebenen Abkehr vom geometrischen Formenrepertoire in der Malerei<br />

im Verlauf des Zweiten Weltkrieges auf (vgl. Brandt 1987). Dies f hrt zu der Frage,<br />

ob sich auf diese Weise nicht auch in den Produktformen eine Abkehr von der menschenverachtenden<br />

Technologie des Zweiten Weltkrieges und von der funktionalen, asketischen<br />

Sachlichkeit des Designs der 20er Jahre (vgl. Selle 1987) ußerte, die man als<br />

bewußte Abkehr vom Erscheinungsbild 29 des NS werten kann. Die neue organische<br />

Formgebung kommunizierte so gesehen die Abkehr von der kalten Maschinen sthetik<br />

ohne Verzicht auf die Effizienz und Funktionalit t der modernen Technik.<br />

Wurde durch die Codierung der abstrakten Kunst nach 1945 in Deutschland versucht,<br />

die sinnlichen Anteile der modernen Kunst wie z. B. Subjektivit t und Gef hl (siehe S.<br />

62 f.) auszugrenzen und die abstrakte Kunst nun als positives Surrogat dieser<br />

Grenzziehung und als „reines“ Zukunftsversprechen zu inszenieren, so wurde dieser<br />

Anteil nun ber den Umweg des Designs auf die biomorphe Form verschoben und damit<br />

erneut auszugrenzen versucht. Dort erwies sich der sinnliche Aspekt aber als<br />

absatzsteigernd, d. h. er wurde von den KonsumentInnen in ganz anderem Sinne<br />

decodiert (vgl. Selden 1992, 121).<br />

Die Entdeckung der Frau als heimliche Hauptperson des Wirtschaftswunders war auf der<br />

einen Seite erw nscht, denn sie best tigte die R ckkehr zu einer alten Rollenverteilung in<br />

den Geschlechterverh ltnissen mit der Familie als kleinste, aber zentrale Konsumenteneinheit.<br />

Auf der anderen Seite erweckte diese vermeintliche Macht der Frau ganz offen-<br />

28 Die schnelle Reaktionsf higkeit auf den Geschmack der Kunden war in Deutschland Anfang der 50er<br />

Jahre noch Neuland. Erst 1953 lieferte Raymond Loewys H lichkeit verkauft sich schlecht in der<br />

deutschen bersetzung das theoretische R stzeug. Einen - allerdings weit weniger beachteten - Vorl<br />

ufer dieses Bestsellers ver ffentlichte 1950 Else Meissner mit dem bereits zitierten Buch Qualit t<br />

und Form in Wirtschaft und Leben.<br />

29 Auch im NS wurden Produkte im Stromliniendesign produziert und vermarktet. Bignens beschreibt z.<br />

B. die Werbung der Adler-Automobilwerke in Frankfurt am Main 1933 als „Bild einer reibungslos<br />

funktionierenden 'Sozialmaschine', in der sich futuristische Motoreneuphorie, Kriegspropaganda,<br />

fordistische Massenproduktion, tayloristische Disziplin, Blut-und-Boden-Mythos und Stromlinienform<br />

zu einer nationalen 'Corporate Identity' vereinten.“ (1992, 75) Dieser Aspekt scheint allerdings<br />

durch die Kriegs- und ersten Nachkriegsjahre berlagert worden zu sein.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!