26.12.2013 Aufrufe

Download (8Mb)

Download (8Mb)

Download (8Mb)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Abstrakte Kunst als Modell einer neuen Ordnung 63<br />

Metaphern, das schon oft f r die Nachkriegszeit konstatiert wurde (vgl. z. B. Wenk<br />

1989, 63; Ziehe 1986). Sie werden in eine angebliche Kontinuit t bildungsb rgerlicher<br />

Kulturvisionen eingebettet, die die abstrakte Kunst garantieren soll. Es wird versucht,<br />

den NS durch eine Anwendung seiner eigenen Diskursmuster in Frage zu stellen, ohne<br />

aber diese Muster selbst zu relativieren.<br />

Durch die Abspaltung des Expressionismus als revolution re Kunstform versucht Domnick,<br />

den bedrohlichen, revolution ren Aspekt auszuschließen, der auch retrospektiv als<br />

ein Problem der modernen Kunst generell hingestellt wurde. „Mit einer Kunst, die einmal<br />

als 'rebellisch' gegolten hatte, konnten diese Betrachter, welche nach den utopischen Verheißungen<br />

des Dritten Reiches allen neuen Avantgardismen h chst skeptisch gegen berstanden,<br />

nicht viel anfangen.“ (Hermand 1991, 136) Der Tenor Domnicks ist, daß die<br />

negativ besetzte Kunst l ngst durch eine „wesentliche“ und positive aus dem Feld geschlagen<br />

sei, nun m sse nur noch deren ungebrochene, aber kurzfristig nach außen hin<br />

stillgestellte Tradition wieder aufgenommen werden. Das Modell beinhaltet eine seltsame<br />

Paradoxie, scheint doch der NS durch den gewaltsamen Eingriff diese Entwicklung beschleunigt<br />

zu haben: „Verborgene Kr fte ließen das 'andere' weiter wachsen“ (Domnick<br />

1947, 13), w hrend die Episode des NS in Deutschland waltete. Er begr ndet diesen<br />

Vorgang mit dem klassischen Modell, nach dem die Kunst in Krisenzeiten einen H hepunkt<br />

erreiche. „Gerade in umw lzenden Zeitabschnitten, die unser gesamtes Wissensund<br />

Erfahrungsgut vor neue Perspektiven stellen, sind intuitive Faktoren entscheidend.<br />

Sie entwickeln sich am besten zu Zeiten des Umbruchs, weil hier durch das Wegschwemmen<br />

atavistischer Begriffe oder gebundener Traditionen die Voraussetzungslosigkeit<br />

ver nderter Lebensformen den nstigsten Boden f r neue Erkenntnisse bereitet.<br />

Deswegen entstehen auch in unruhigen Zeiten neue geistige un nstlerische Probleme.<br />

Der Samen wird gelegt, um in ruhigen Zeiten aufzugehen. Aber wichtiger als das<br />

Aufgehen ist doch die Samenlegung: daß dies meist zu unruhigen oder kriegerischen<br />

Zeiten geschieht, l ßt den Satz Heraklits verstehen: 'Krieg ist aller Dinge Vater.'“<br />

(Domnick 1947b, 122 f.) 37<br />

Der Nationalsozialismus und der Krieg, die, wie schon gezeigt, lediglich als Oberfl he,<br />

als Episode betrachtet werden (siehe S. 56), werden auf diese Weise als Katalysatoren<br />

37 Eine vergleichbare Haltung, so hat Magdalena Bushard gezeigt, kann man den deutschen Expressionisten<br />

zu Anfang des Ersten Weltkrieges nachweisen. „Der Krieg wurde als Reinigungsprozeß<br />

verstanden, der den Weg zum kulturellen Neubeginn zu bereiten vermag.“ (1990, 66) Domnick geht<br />

es allerdings weniger um das Absch tteln einer berkommenen Ordnung, sondern um die<br />

Legitimierung des Neuen durch die Proklamation einer tradierten Regelhaftigkeit. Den Krieg explizit<br />

als Reinigungsprozeß darzustellen, w re als zu großer Affront aufgefaßt worden.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!