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Kapitel 3<br />
sation, zeigt, daß sie unter Berufung auf den NS die traditionelle Gewichtung zwischen<br />
„Kultur“ und „Zivilisation“ nivelliert: „Alle Arbeiten des t glichen Lebens sind durch sie<br />
[die Erleichterungen der Technik; KB] jetzt leicht geworden; daß man sich aber nicht<br />
aufgerufen f hlte, die so freigewordenen Kr fte dem Fortschritt des Geistes dienstbar zu<br />
machen, hat Krieg und Elen<br />
ber die Welt gebracht.“ (13) Die Zivilisation und der technische<br />
Fortschritt werden auf diese Weise ganz im Gegensatz zur traditionellen deutschen<br />
Debatte zum Indikator auch der Kultur erkl rt! Die Amerikaner haben nach dieser<br />
Auffassung ihren hohen Lebensstandard zu Recht erlangt, weil sie es aufgrund ihres<br />
geistigen Fortschritts nicht anders verdient haben. Er scheint, als h tten die Deutschen<br />
ihre „Zivilisation“ verloren, weil sie sich ihrer auf geistiger Ebene nicht w rdig erwiesen<br />
haben. 46 Die Errungenschaften der modernen Technik in den USA werden in dieser<br />
Argumentation als Beweise eines „Fortschritt des Geistes“ (14) definiert. Sie stehen nun<br />
synonym f r eine geistige Ordnung und letzte Beweise einer hohen Kultur. Ebenso wie<br />
ein<br />
ußerliche Sch nheit der Bilder als Indikator einer inneren, geistigen Wirkungskraft<br />
konstruiert wird, ernennt Rebay parallel dazu den materiellen Wohlstand zum Indikator<br />
f r eine erfolgreiche berwindung des NS.<br />
Interessant ist hierbei, daß auch Rebay ihre eigenen Ansichten der 30er Jahre zu dem<br />
Verh ltnis von Kultur und Zivilisation g<br />
ndert hat, schließlich kann man ihr selbst eine<br />
N he zu bildungsb rgerlichem Gedankengut attestieren. 47 Diese Sinneswandlung weist<br />
darauf hin, daß Rebay die spezifisch amerikanische Bewertung der Technik als<br />
Voraussetzung einer demokratischen Grundordnung adaptierte. Auch f r Solomon R.<br />
Guggenheim, ihren Geldgeber, war die „Sammelt tigkeit Teil eines humanit ren<br />
Fortschrittsglaubens.“ (Guggenheim 1989, 11) Seit Mitte des 19. Jahrhunderts, so hat<br />
46 Seltsamerweise trifft sich Rebay in dieser Behauptung mit einem der technikfeindlichen Autoren der<br />
Nachkriegszeit. Graner schreibt ber den NS: „[D]as deutsche Volk [hat] in diesen Jahren seine<br />
Technik [...] zu einem starken Machtmittel ausgebaut [...]. Aber alle diese Fabriken, Autobahnen,<br />
Kraftwerke, Hallen, Versammlungspl tze und Befestigungsanlagen, alle diese Rundfunkger te,<br />
Kraftwagen, Flugzeuge, Panzer, U-Boote, diese ganze ungeheure Arbeit seiner Techniker und ihrer<br />
Helfer, ja des ganzen Volkes, mußte ihm zum Fluch werden, weil der Geist, der diesen K rper baute,<br />
in Maßlosigkeit ausartete. Auf den Geist kommt alles an, in dem das 'Mittel' Technik verwendet<br />
wird.“ (1946, 23)<br />
47 Aus den USA schrieb Rebay 1932 an ihre Mutter: „[W]ir m ten einen Klub bilden in Deutschland<br />
f r das Geistige [,] um Hitler, der jetzt mit Schleicher ans Ruder kommt, vor Dummheiten zu bewahren,<br />
nur durch den Geist kann Deutschland die anderen ausstechen, alles andere haben diese und<br />
m chtiger, aber nur der Geist (nicht die Wissenschaft allein) verschafft eine Weltstellung und das<br />
Geistreich sollte das 'Bayreuth' des deutschen Volkes sein.“ (in einem Brief vom November 1932,<br />
Privatarchiv Wessling) Wie viele Intellektuelle hoffte Rebay zu diesem Zeitpunkt noch darauf, daß<br />
die neue Regierung ihre bildungsb rgerlichen Interessen vertreten w rde. Auch Kessler schreibt in<br />
seinen Lebenserinnerungen, Rebay „habe auch starke Sympathien f r die Nazis, macht ihnen allerdings<br />
zum Vorwurf, daß sie das Bauhaus in Dessau aufgel st haben“ (Kessler 1982, 730).