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Kapitel 4<br />
Grenz berschreitung zwischen diesen beiden R umen inszeniert, die man als kulturkonomische<br />
Operation verstehen kann. Sie garantiert einerseits eine Innovation der<br />
Kunst, verschiebt auf der anderen Seite aber die Grenze zwischen anerkannter Hochkultur<br />
und profanem Bereich: der Bereich der kulturellen Werte wird erweitert (vgl. Groys<br />
1992, 58 f.). Mit der quantitativen Erweiterung geht aber auch eine qualitative Erweiterun<br />
berein.<br />
Dem Bereich der valorisierten Kultur soll durch den Vergleich mit dem profanen Raum<br />
nicht nur ein innovativer Impuls zukommen, sondern er erh lt außerdem eine Qualit t,<br />
die Groys die „Verheißung einer anderen Macht, St rke, Universalit t und Exklusivit t“<br />
(1992, 101) nennt. „Diese Verheißung von gr erer Kraft und Macht veranlaßt den<br />
Kulturmenschen dazu, sich den profanen Dingen als Zeichen und Instrumenten der im<br />
Profanen verborgenen magischen Kr fte zuzuwenden.“ (101) Die Gegen berstellung von<br />
profanem Bereich und „hoher“ Kultur impliziert also einerseits die Erwartung, letztere an<br />
der m htigen Kraft des Profanen teilhaben zu lassen. Andererseits geht es darum, den<br />
Schrecken und die Bedrohung, die dieser Bereich f r die valorisierten kulturellen Werte<br />
besitzt, zu bannen und damit unsch dlich zu machen. Die Kultur wird symbolisch mit<br />
Dingen konfrontiert, die sie zerst ren k nnten, „mit Dingen oder Zeichen des Wertlosen,<br />
Profanen, Anonymen, Aggressiven, Verdr ngten und Unscheinbaren, eben mit allem, was<br />
[...] sie zu verderben droht. Alle diese Dinge werden als magische Beschw rung der<br />
imaginierten Katastrophe und des Untergangs der Kultur im Profanen valorisiert.“<br />
(Groys 1992, 132 f.)<br />
Genau diese Bef rchtungen werden von den Theoretikern der modernen (abstrakten)<br />
Kunst auch formuliert: „[D]ie allgemeine Technisierung unseres Lebens bedroht die<br />
gesamte europ ische Kultur“, schreibt Große Perdekamp (1952), und deshalb m sse sie<br />
durch die moderne Kunst gebannt werden. Doch in Recklinghausen waren keine<br />
Fabrikmaschinen, keine Panzer oder Bomben ausgestellt, sondern Waschmaschinen,<br />
Hochspannungsisolatoren und K chenmixger te. Dies verweist darauf, welcher Art die<br />
bedrohlichen, magischen Kr fte des Profanen in diesem konkreten Fall noch sind: die<br />
ausgestellten Gebrauchsgegenst nde und technischen Ger te sind Signifikanten f r den<br />
wirtschaftlichen Aufschwung, die Verbesserung der Lebensumst nde und das damit verbundene<br />
Selbstbewußtsein, das heue als zentrales der 50er Jahre angesehen wird (vgl. z.<br />
B. Carter 1997, 5; Giesen 1993, 240 f.) . In der Form der „Wirtschaftsnation“ als<br />
Signifikationssystem einer nationalen Erneuerung konkurriert es mit der „Kulturnation“<br />
in ihrer Vorreiterrolle als Code bundesdeutscher Identit t. Technik ist also 1952 f r die<br />
Tr ger der „Kulturnation“ in doppelter Weise bedrohlich: als (negatives) Zeichen f r die