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Mit abstrakter Kunst auf dem Weg zur ck in die Zivilisation 101<br />
einandersetzun ber den NS umging und trotzdem zu einer ausreichenden Differenzierung<br />
oder Grenzziehung geeignet war. Die erst rzlich in den Kanon der<br />
„Kulturnation“ wieder eingereihte abstrakte Kunst schien dazu offensichtlich besonders<br />
geeignet zu sein. Nun zeigte sich, daß sich die von der Lobby der abstrakten Kunst vorbereiteten<br />
Positionen, das Codierungsangebot, als tragf hig erwiesen und zugleich<br />
ausreichend Spielraum f r eine neuerliche Ver nderung besaßen. Elemente, die in der<br />
bisherigen Codierung schon angelegt waren, wurden nun st rker hervorgehoben und<br />
ausgebaut. Die Betonung der Codierung der abstrakten Malerei im Westen verlagerte<br />
sich in diesem Prozeß von der Tradition auf Modernit t und Zeitgem ßheit, denn hier<br />
konnte sich eine Abgrenzung offensichtlich am ehesten manifestieren. 2<br />
Der Ort einer direkten Konfrontation blieb aus diesen Gr nden ein diskursiv, r umlich<br />
und zeitlich begrenzter. Die Diskussion ber die Kulturnation wurde auf dem Feld der<br />
abstrakten Kunst gef hrt, sie entbrandete in erster Linie in Berlin in rtlichen Tageszeitungen<br />
und in einigen wenigen Kunstzeitschriften, die strukturell ein hnliche Grenz-<br />
Position wie die Inselstadt innehatten. Nach einem kurzen grenz berschreitenden Diskurs<br />
verlagerte sich dieser auf zwei Schaupl tze: Ost und West, und sein Gegenstand war die<br />
Relevanz der jeweils bevorzugten Kunstrichtung. Gegen ber der Entwicklung im anderen<br />
Landesteil aber herrschte, abgesehen von nur wenigen Polemiken, stillschweigende<br />
Ignoranz.<br />
Zus tzlich sind sicherlich auch pragmatische Gr nde f r dieses Stillschweigen statt einer<br />
Debatte ber eine zunehmend hermetische Grenze hinweg zu nennen: Die gemeinsamen<br />
Publikations- oder Austauschorgane wurden mit der Staatengr ndung weniger und der<br />
Vollzug eines bergreifenden Dialoges dadurch behindert.<br />
Der Schauplatz der Auseinandersetzung verlagerte sich auf einen Binnenbereich, denn<br />
um Form und Auspr gung der Abgrenzung und Identit tsfindung zu bestimmen, war eine<br />
interne Debatte geradezu strukturelle Voraussetzung: Es ging darum, die Grenzen zu<br />
ziehen und allgemeinverbindlich festzulegen. Am Ende des Prozesses repr sentierten<br />
zwei kontr re Stile in der Malerei stellvertretend und einander ausschließend die deutsche<br />
(Teil-) „Kulturnation“.<br />
2 Dieses Verdr ngungsmuster stellte auch Hannah Arendt 1950 bei ihrem Besuch in Deutschland fest:<br />
„In Deutschland wird die verstiegene Hoffnung ge ußert, das Land werde das 'modernste' Europas“<br />
(1993, 28 f.). Paradoxerweise sollte sich diese Hoffnung erf llen.