Download (8Mb)
Download (8Mb)
Download (8Mb)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
58<br />
Kapitel 2<br />
dem ein neuer Realismus aufbauen k nne, und um die Einsch tzung des Expressionismus<br />
in diesem Kontext. So bedeutende Autoren wie Ernst Bloch, Georg Luk s, Klaus Mann<br />
und Herwarth Walden nahmen an dieser Debatte mit kontroversen Beitr gen teil. Die<br />
Debatte in Das Wort wurde 1938 mit einem wortgewaltigen Essay Georg Luk s' abgeschlossen.<br />
Von Bernhard Ziegler wurden anschließend die Ergebnisse zusammengestellt:<br />
Der Expressionismus sei ein Verrat am klassischen, humanistischen Erbe und daher als<br />
unbrauchbar f r die weitere Kunstentwicklung anzusehen, er sei eine pseudorevolution<br />
re, formalistische Verirrung des Kapitalismus (vgl. 231-257). Eine der am heißesten<br />
diskutieren Positionen war in dieser Debatte die folgende ußerung Bernhard Zieglers:<br />
Es „l ßt sich heute klar erkennen, wes Geistes Kind der Expressionismus war, und wohin<br />
dieser Geist, ganz befolgt, f hrt: in den Faschismus.“ (zit. nach Expressionismusdebatte<br />
1973, 50) Diesen Satz bezeichnete er zwar ein Jahr sp ter, 1938, als widerlegt (vgl. 231,<br />
242), dennoch blieb die These von einer Mitverantwortung des Expressionismus am<br />
deutschen Faschismus bestehen. Der Expressionismus, schlußfolgerte Ziegler, „steht vor<br />
uns als ein Teil und Ausdruck seiner 'nach ihrer Aufl sung schreienden Zeit', deren Verfallsf<br />
rmigkeit er teilte, ohne dem Zerfall entscheidende starke, ber die Zeit hinausweisende<br />
Kr fte entgegensetzen zu k nnen. Durch diese Schw he hat er [...] dazu<br />
beigetragen, 'den Ungeist der Nazis siegen zu lassen', indem er eine bedeutende Fraktion<br />
der deutschen Intelligenz entwaffnete oder waffenlos ließ.“ (256) Sicherlich kann man<br />
eine breite Kenntnis dieser Debatte und ihrer Resultate im Nachkriegsdeutschland nicht<br />
voraussetzen. Doch wurde hier dem Argument, der Expressionismus habe Verbindungen<br />
zum Nationalsozialismus, der Boden bereitet.<br />
Domnicks Ausf hrungen lassen aber vor allem Bez e auf eine Diskussion der ausgehenden<br />
20er Jahre erkennen, die politisch v llig anders einzuordnen ist, die ihm aber<br />
m glicherweise n her lag: Die Neue Sachlichkeit wurde von ihren Verfechtern ebenfalls<br />
als eine Kunstrichtung eingef hrt, die den Expressionismus abl sen und damit zur Bew<br />
ltigung einer konstatierten Krise beitragen k nne. Diese Debatte ist einem<br />
pr faschistischen Kontext zuzuordnen und bereitete die Ablehnung des Expressionismus<br />
durch den NS inhaltlich vor (vgl. Hein 1992). Eine der ausf hrlichsten<br />
Ver ffentlichungen zu diesem Thema (vgl. 215) wurde von Emil Utitz 35 verfaßt. Das<br />
35 „Utitz, der bedeutendste Sch ler Max Dessoirs, f hrte nach 1933 dessen ber hmte Zeitschrift f r<br />
' sthetik und allgemeine Kunstwissenschaft' weiter; in den vierziger Jahren steckten ihn die Nazis in<br />
ein Konzentrationslager. Sein vehementes Eintreten gegen eine am Primitiven sich delektierende<br />
Schickeria und f r 'Disziplin' und 'Manneszucht' ist nicht zuletzt aus diesem Grunde sehr<br />
aufschlußreich, zeigt sich hier doch, wie undankbar die Nazis gegen ber Vertretern konservativrevolution<br />
ren Gedankenguts sein konnten.“ (Hein 1992, 215)