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Textdokumentation<br />

Grundlagen aufdecken, wie wir es versuchen. Man erreicht aber damit nur den "Vorhof", nie die<br />

"Herzkammer". Zwischen Erkl ren und Verstehen und zwischen Verstehen und Erleben sind Schranken<br />

gesetzt. Diese zu durchbrechen gelingt selten. Das subjektive Erleben braucht nicht einmal immer das<br />

Verstehen und kann sich selten mitteilen, da es nicht immer bewußt wird. Das ist das Transsubjektive<br />

(Hartmann). Das intuitive Erlebnis ist aber das Entscheidende. Es kann st rker sein, als es Verstehen<br />

und Erkl ren zu vermitteln verm gen. Dieses Vorerlebnis, das nat rlich nicht existent ist, ist die Triebfeder<br />

auch des nstlerischen Sch pfertums. Es ist ein geheimnisvolles Ahnen um Dinge, die in der Luft<br />

liegen. Aber das l uft alles unbewußt ab. Und wenn man es schon schreibt oder ausspricht, verliert es an<br />

Bedeutung und Wert. Man sollte ber diese Dinge gar nicht so viel reden. Das letzte entzieht sich ja<br />

auch gottlob unserer Erkenntnis.<br />

Aber es ist auch ein Kennzeichen der modernen Malerei, sich ber dieses Unbewußte Rechenschaft<br />

zu geben. Das bewußte Theoretisieren, die Besch ftigung mit den geistigen und kunsttheoretischen<br />

Problemen neben [Seite 20:] der nstlerisch-produktiven T tigkeit ist ein wesentliches Merkmal<br />

der Abstrakten, dessen Fehlen eher verd chtig sein kann. Das gilt auch f r das Technische, das speziell<br />

bei den Abstrakten sich in schulm ßiger Form hinsichtlich Farb- und Kompositionslehre bis in technische<br />

Verfeinerungen der Materie der Farbe hinein entwickelt hat. Das sind zwar handwerkliche Faktoren,<br />

aber wesentlich f r die abstrakte Malerei. Es ist ihr R stzeug, mit dem sie ihre Welt bauen. Jeder<br />

der hier gezeigten Maler hat seine Formensprache, in der seine geistige Stellungnahme zur Welt und<br />

dem Leben zum Ausdruck kommt. Es ist aber trotzdem keine intellektuelle Kunst, wie sie oft abf llig<br />

beurteilt wird. Wir sehen nicht die Kunst als Produkt der Erkenntnis. Die nstlerische Sch pfung - wir<br />

wiederholen es - l uft unbewußt ab, der K nstler versucht aber, sich Rechenschaft zu geben. W hrend<br />

aber die Psychoanalyse Verworren-Triebhaftes zu kl ren und D monen des Unbewußten zu vertreiben<br />

sucht, so bleibt doch gerade das D monische, wie Goethe es auffaßt, ein wesentlicher Faktor der Kunst<br />

und ist aus dieser nie zu vertreiben. Diese Uebereinkunft zwischen dem D monischen und der Erkenntnis<br />

ist ein charakteristisches Merkmal der abstrakten Malerei. Beide, Blut und Geist, wie Meistermann<br />

sagt, m ssen sich die Waage halten, im Leben wie im Werk.<br />

Im abstrakten Bild kann sich die Pers nlichkeit des Malers am reinsten entfalten. Darum hat<br />

auch grunds tzlich das Werk jedes K nstlers sein spezifisches Gesicht. Das ist ein Symptom der abstrakten<br />

Malerei, daß alles auf das Individuelle (nicht subjektive!) der einzelnen K nstlerpers nlichkeit<br />

gestellt ist. Wir m ssen hier unterscheiden zwischen den Begriffen individuell und subjektiv. Ein Werk<br />

kann nie ich-frei sein, es wird immer, wenn es groß ist, die Merkmale der Pers nlichkeit tragen. Aber es<br />

soll - das ist die Interpretation der Abstrakten - nicht ich-bezogen sein, d. h. es hat nicht die Absicht, ein<br />

subjektives Erlebnis dem Beschauer gef hlsm ßig zu vermitteln (wohin die Expressionisten tendierten).<br />

Auf Grund der Individualit t ist auch jedes Werk unnachahmbar und wird, wenn man fremde Spuren<br />

erkannt, schwach sein, weil es nicht auf dem ihm eigenen Boden erwuchs. Darum k nnen wir hier auch<br />

keine Schulen finden wie in fr heren Kunstformen, wo es um lehrbare und lernbare Werte ging.<br />

Alle nstlerischen Sch pfungen sind letztlich unberechenbar. Und nicht nur wir, sondern auch<br />

die Maler selbst erleben vor ihrer Leinwand Ueberraschungen. Das ist in der abstrakten Malerei<br />

besonders stark. Eben weil sie ganz auf eigenen F en steht, weil sie mit eigenen Mitteln in eigener<br />

Sprache bildet und formt. Sie ist also sch pferisch im eigentlichen Sinne. Dar ber hinaus aber ber hrt<br />

diese Kunst auch weltanschauliche Perspektiven: man l st sich geistig von der Natur, vom Inhaltlich-<br />

Thematischen, von der subjektiven Erlebnisgebundenheit. Es entsteht eine selbst ndige, autonome<br />

Malerei. Das sind die Abstrakten, die in Gebiete vorstoßen, deren Reichtum wir erst ahnen, den sie<br />

gestaltend uns aber lebendig machen. Mit neuen Augen und anderer Kritik werden wir diese Welt sehen<br />

lernen, diese Welt, die der unseren, der kommenden, so ganz entspricht.

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