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Textdokumentation 217<br />

wenig den Zweck, die Menschen zu einigen, verfolgt berhaupt keine Zwecke, sondern ist einfach<br />

sinnbildlicher Sch pfungsakt, stolz und ganz f r sich" (Franz Marc am 30. M rz 1915). Dadurch entstehen<br />

bei jedem Kunstwerk neue Ausblicke oder wie E. W. Nay das ausdr ckt: "Jede leere Leinwand<br />

bedeutet f r mich ein Abenteuer." Man stellt also erhebliche Anspr che an das Einf hlungsverm gen<br />

des Beschauers, und diese Forderung wird um so gr ßer, je eigenwilliger der K nstler schafft.<br />

Das Nacherleben gelingt aber nicht durch Bildanalyse. Wir k nnen zwar allgemeine Feststellungen<br />

treffen ber Aufbau und Farbe und Rhythmus und Dynamik, aber schon bei dem letzten h rt der<br />

Kontakt auf, weil Dynamik eine Spannung und Schwingung vermitteln muß, die nicht mitteilbar ist,<br />

sondern nur erlebt werden kann. In der Musik haben wir ja im Grunde dieselben Kriterien und hier<br />

versagt in besonderem Maße jede Deutung.<br />

Diese resignierte Haltung m ge verziehen werden. Gerade die abstrakte Malerei bietet ja (das<br />

liegt in ihrer Problematik) Anlaß zu wertvollen Ausblicken ber das rein K nstlerische hinaus und wir<br />

wollen nicht vergessen, daß dadurch auch erst ein wesentlicher Teil des Publikums an das Werk herangef<br />

hrt wurde. Aber wir sind doch der Ansicht, daß das Wort h ufig mißbraucht wird. Philosophisch<br />

anmutende Erkl rungen oder Einf hrungen, die ein unterdurchschnittliches Werk geistig zu fundieren<br />

suchen, sind der Kunst nicht immer dienlich. Das Wort, das gerade in den zur ckliegenden Jahren so<br />

grausam mit Pathos belegt wurde, hinter dem aber g hnende Leere stand, sollte jetzt wieder an seinen<br />

ihm zustehenden Platz treten. Es hat eine verantwortungsvolle Funktion nicht nur der Kunst, sondern<br />

auch dem Menschen gegen ber. Das schließt auch eine zur ckhaltende Bescheidenheit bei der Interpretation<br />

des Werkes ein. Zu viel Pathos ist verf nglich, das Wort verliert an Wert. Deswegen hat das große<br />

Werk, einerlei welcher Zeit es angeh rt, zun chst den Anspruch auf eine unmittelbare Ausstrahlung auf<br />

den naiven, von Vorurteilen gel sten Betrachter ohne Anspruch auf Erkl rung.<br />

Haben wir also erkannt, daß eine letzte Erkl rung des abstrakten Kunstwerkes nicht m glich ist,<br />

so liegt darin keine Beschr nkung, sondern eine Begl ckung. Es w re profan, k nnte man mit Bildanalysen<br />

ein Erlebnis erreichen. Es muß eine Distanz bestehen bleiben. Wir werden angezogen und<br />

doch wieder in unser Reich gestoßen. Ehrfurcht l ßt sich nicht begrifflich fassen, das ist auch ein Erlebnis,<br />

zu dem man f hig sein muß. Alle hier angewandten Begriffe wie Klang, Dynamik, Gr ße, Erhabenheit,<br />

Geheimnis sind nur Umschreibungen. Das Letzte entzieht sich der Erkl rung, ist nicht faßbar,<br />

nicht greifbar. Warum, wissen weder wir noch der K nstler. Eine Reflexion ist nur m glich, wenn auch<br />

der Betrachter ber eine ad quate Kunstanlage verf t. Die Nacherlebbarkeit eines abstrakten Kunstwerks<br />

ist nicht an den Verstand gebunden, das Verst ndnis abstrakter Bilder nicht an die Vernunft.<br />

Auch das ist sch n so. Es w rde sonst eine Wissenschaft werden, wenn es anders w re.<br />

6.1.3 Domnic ber Vorerlebnis und Vorgestalt (1947b)<br />

Vorerlebnis und Vorgestalt in der abstrakten Malerei<br />

Versuch einer Analyse<br />

Wir sind in diesem Zyklus einmal von anderen Gesichtspunkten ausgegangen. Die kunsthistorische<br />

Seite interessierte nur an der Peripherie. Sie war uns nur dann von Bedeutung, wenn sich daraus eine<br />

spezifisch-pers nliche Wertung ableiten ließ. Im Mittelpunkt stand die sch pferische Pers nlichkeit,<br />

also der Mensch als K nstler mit seinem Werk und seinen Ausstrahlungen. Es interessierte vor allem,<br />

die Elemente und Kr fte zu erfassen, die das Werk entstehen lassen und den K nstler ausmachen. In<br />

diesem Aufsatz versuchen wir den nstlerischen Schaffensprozeß bei der abstrakten Malerei einer<br />

Analyse zu unterziehen.<br />

Der geistige Schaffensprozeß l ßt einen nstlerischen vom wissenschaftlichen unterscheiden.<br />

Wenn der Wissenschaftler im Idealfall ein sch pferischer Mensch ist, der neue Gedanken in eigene<br />

Formen gießt, so ist er damit noch kein K nstler. Wissenschaft und Kunst haben in dieser Hinsicht<br />

berhaupt nichts miteinander gemein. Die Wissenschaft ist an die Logik, die Ratio, den Verstand gebunden.<br />

Die Kunst dagegen ist ein elementares Geschehen, ein spontanes Ausfließen, ein Sch pfungs-

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