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Textdokumentation 235<br />

zum Vorwand gemeinen Terrors zu erstarren. Bei der Kunst aber ist die Sachlage noch sinnf lliger. Sie<br />

erh lt gerade aus der Verneinung der "absoluten" Form ihre Best ndigkeit, ihre Existenz, ihr Wesen.<br />

W re es anders, so h tte sich ja - um nur ein Beispiel zu nennen - der Mensch unseres mittelmeerischeurop<br />

ischen Kulturkreises mit den Formen begn en k nnen, die sich etwa das alte gypten nach<br />

seinem Eintritt in die Epoche der Hochkulturen geschaffen hat.<br />

Nun gibt es aber - wird man, das eigentliche Thema dieser unserer Ausstellung vorwegnehmend,<br />

hier einwenden k nnen - gerade, was die Werkformen unserer Gebrauchsgegenst nde angeht, so etwas<br />

wie einen "ewigen Vorrat" unverg nglicher Vorbilder: denken wir etwa an die Tiegel, Kannen, Kessel,<br />

Becher des sogenannten alten, guten Hausrats, der in manchen Epochen der Vergangenheit sich tats<br />

chlich mit einem (mit den Augen des Werkbundes oder auch des Bauhauses gesehen) "absoluten"<br />

Standard der "reinen" Form zu decken scheint, so k nnte es aussehen, als seien da wirklich Anmut und<br />

Zweckm ßigkeit, Materialgerechtigkeit und eine phrasenlose Direktheit, die ohne "zus tzlichen" Zierat<br />

auszukommen vermochte, eine von Dauer begnadete, mystische Ehe ewiger Vorbildlichkeit eingegangen.<br />

Dieser sch ne Schein tr t leider. Form ist mit der jeweiligen Materie eng verbunden, und die<br />

Materialien von damals sind nur noch innerhalb enger Grenzen verwendbar. Dazu nur ein paar ganz<br />

hausbackene Beispiele: Wer etwa kann sich heute Kupfergeschirr leisten? Wieweit vertragen sich Gasherd<br />

und elektrischer Herd mit Zinnger ten? Die Fragen sind rhetorisch. Jenaer Glas und Aluminium<br />

geben die wirkliche Antwort. Zur Formung dieser neuen Materialien aber l ßt sich nicht einfach ein<br />

R ckgriff auf alte Formen unternehmen. Er w rde niemals schl ssig sein k nnen, d. h. man w rde<br />

sofort in den Sumpf absoluter Formlosigkeit versinken, in welchem etwa - zur Zeit unserer Großeltern -<br />

die auf Vertikos beliebten Nachformungen aufw ndiger [sic] Renaissancehumpen verkommen sind.<br />

Was nun unsere Ausstellung angeht, so bietet sie nirgendwo "absolute" Formen. Aber sie unternimmt<br />

es, innerhalb des f r ungewohnte Augen so schwer berblickbaren Gel ndes unserer Gegenwart<br />

die Stellen aufzuzeigen, an denen der Ansatz einer Formung sich so energisch vollzog, da berhaupt<br />

von "Form" (wir behaupten: wesentliche Form) gesprochen [neue Seite] werden kann. Die "sch ne"<br />

Form allerdings im Geschmacke einer erbaulichen Schleckerei, die ganz allgemein aufs erfreulich<br />

Idyllische versessen ist, wird u.E. kaum je zum Vorschein kommen k nnen - einfach, weil es<br />

"Sch nheit" in diesem Sinne nie gegeben hat. Das ist immer nur eine Illusion gewesen, die man nachtr<br />

glich auf etwas projiziert hat, was aus ganz anderen Motiven entstanden war. Denken wir etwa an die<br />

Sch nheit fr hmittelalterlicher Kunstgegenst nde: wir projizieren sie aus unserer Sicht und unserer<br />

augenblicklichen Geschmacksstr mung auf Objekte, die einst gemacht wurden, um die "magische" Anwesenheit<br />

eines "heiligen" Wirkungsquantums (etwa einer verehrungsw rdigen Reliquie) mit ebenso<br />

magischer Kostbarkeit und mit dem Aufwand bedeutungstr chtiger Symbolformeln m glichst<br />

"sprechend" darzustellen. Was uns da an konzentrierter Strahlkraft heute noch s rbar wird, das versuchen<br />

wir mit der Firmierung "sch n" eher beseite zu schieben, als es wirklich, dem Wesen entsprechend,<br />

zu w rdigen.<br />

Auf einem Versuchsfeld allerings, und zwar einem sehr wesenhaften, n mlich dem der (außernstlerischen)<br />

Technik, beginnt ber den vagen Begriff der "Sch nheit" sich mehr und mehr so etwas<br />

wie Uebereinstimmung abzuzeichnen. ber die Sch nheit eines majest tischen Ozeanriesen, eines<br />

windschl figen Sportchassis, einer alle Energien "in sich" versammelnden Elektroturbine oder eines<br />

Amerikaclippers gibt es kaum noch divergierende Meinungen oder gar Mißverst ndnisse. Mißverst<br />

ndnisse heben immer erst an, wo sich das Wesen eines Objektes nicht g nzlich mit seiner Funktion<br />

deckt (wie etwa in der Architektur) oder aber (wie in der Kunst) vom rein "Funktionellen" her gar nicht<br />

zu erfassen ist.<br />

Da hakt unsere Ausstellung ein. Es ist ihre Aufgabe, da, nach Kr ften, Mißverst ndnisse aufzur<br />

umen (ganz wird das nie gelingen k nnen) und f r jeden, der optisch einigermaßen sensibel und das<br />

heißt also "zug nglich" ist, einigermaßen klarzulegen, wo innerhalb unseres scheinbaren Chaos dennoch<br />

so etwas wie Einheit zu entdecken, zumindest zu "wittern" ist. Keine falsche Einheit einer forcierten

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