Download (8Mb)
Download (8Mb)
Download (8Mb)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Mit abstrakter Kunst auf dem Weg zur ck in die Zivilisation 131<br />
Weltenalls einf en, um erfolgreich zu leben.“ (Hervorhebung KB) Im Rundbrief Nr. 62<br />
aus dem Jahr 1949 verdichtet sich diese Einstellung in einem ungew hnlichen Vorschlag.<br />
Rebay schreibt: „Nachdem die Religionen versagt haben, Frieden und geistige Ordnung<br />
zu lehren, muß es das stille Gem lde tun, dessen Reproduktion in aller Menschen Zimmer<br />
geh ngt werden sollte vom Staate, als Gegengabe f r Steuern, wie Bauer vorschlug,<br />
und als stetiger wenn auch erzwungener Lehrer und Freudespender, da sthetik zur<br />
Ordnung erzieht zum großen Vorteil der Staaten und der Gemeinschaften und der so<br />
notwendigen Menschheitsrevolution, zur Geistigkeit und dadurch zum inneren Frieden.“<br />
Der praktische Nutzen spielt also durchaus eine Rolle. Ihre Botschaft erweist sich als<br />
sehr konkret und praxisorientiert. Abstrakte oder ungegenst ndliche Kunst schaffe Ordnung<br />
- bis hinein ins Kinderzimmer, bis hinein in die gestreßten Seelen berarbeiteter<br />
Manager und traumatisierter Kriegsopfer; sie w rde sogar Gef ngnisinsassen zu besseren<br />
Menschen machen und nicht zuletzt dem Staat und der Gemeinschaft einen Vorteil bringen.<br />
Sie proklamiert also eine Kunst mit privater Wirkung, aber zum gesellschaftlichen<br />
Vorteil. Dieser im Rahmen der Reeducation-Programme ins Blickfeld geratene kunstbzw.<br />
museumsp dagogische Ansatz 49 wird in den ausgehenden 40er Jahren als Spezifikum<br />
der USA bewundert. Kurt Martin unterstreicht im Vorwort: „Nach der ganzen gesellschaftlichen<br />
Struktur der USA berrascht es nicht, daß die Museen [...] eine wesentliche<br />
Rolle spielen [...] durch die gestellte Aufgabe [der F rderung des Kulturbewußtseins;<br />
KB], die fast ausschließlich erzieherisch verstanden wird.“ (1948, 6; vgl. auch Misch<br />
1947)<br />
Nach Rebays Verst ndnis schafft die abstrakte Kunst weder die Gef ngnisse ab noch<br />
vermindert sie die Steuern oder den Streß der Manager. Die Kunst soll aber dazu<br />
beitragen, das Individuum zu einer Vers hnung mit der Gesellschaft, die an sich nicht<br />
nderungsbe rftig sei, zu erziehen. Die Kunst maßt sich nach Rebays Auffassung zwar<br />
keinerlei Vorrangstellung gegen ber anderen Bereichen an, besteht aber als<br />
Repr sentantin des geistigen Fortschritts auf einem gleichberechtigten Platz neben<br />
anderen Lebensbereichen, denn sonst laufe die Gesellschaft Gefahr, in eine Katastrophe<br />
wie den Zweiten Weltkrieg zu gelangen.<br />
Die zu erreichende psychische Harmonie bleibt ein mystischer, individueller, nicht vermittelbarer<br />
Vorgang, den man passiv und ohne Zutun erreichen kann, allein indem man sich<br />
49 Hilla Rebay hat sich schon fr h mit museumsp dagogischen Ans tzen befaßt. Bereits 1930, neun<br />
Jahre vor der Einrichtung des ersten Museum of Non-Objective Painting plante sie einen „Tempel der<br />
Kunst“ mit besonderer Betonung der Ausbildung von Kindern und Multiplikatoren (vgl. von der Bey<br />
1990, 24 f. u. 125 f.).