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Kapitel 5<br />
als gezielte Abwehrreaktion gegen die Popularisierung der ordnenden Form 2 - aber auch<br />
di sthetische Basis der Codierung: Diese neuen, „ungeordneten“ Bilder machten die<br />
bisherigen Diskurse unglaubw rdig, und die mangelnde sprachliche Differenzierung<br />
zwischen verschiedenen Ausformungen der Ungegenst ndlichkeit sollte - vor bergehend<br />
- zum Problem werden. 3<br />
Parallel zu dieser Weiterentwicklung der Malerei setzten sich die „geordneten“ abstrakten<br />
Formen im Produktdesign weiter durch (Abb. 55) und wurden nun zu Vehikeln der<br />
Kommunikabilit t von nationaler Identit t, ungeachtet der Tatsache, daß es sich um<br />
einen internationalen Trend im Design handelte. F r die Definition des „Eigenen“ war es<br />
bedeutungslos, ob diese Formen nur in Deutschland oder in der ganzen westlichen Welt<br />
in den Zeitschriften und Schaufenstern zu sehen waren. Die verhandelten Fragen wie<br />
solche nach der Kreativit t des K nstlers, nach der Einsch tzung der nstlerischen<br />
Entwicklung, nach der Visualisierung eines „Geistigen“ in der Kunst oder nach dem<br />
Verh ltnis von Kunst und Design geh ren einem Repertoire an, das nach 1945 weder<br />
neu war noch spezifisch f r Deutschland war. Doch ausgehend von diesem Repertoire<br />
wurde eine spezifische Auswahl und Kontextualisierung vorgenommen, die mit den sich<br />
ver ndernden Rahmenbedingungen in Westdeutschland korrespondierte und von den<br />
damaligen Akteuren als „Eigenes“ gelesen wurde.<br />
Auf dieser Stufe der Entwicklung war eine verbale Verst ndigung zur Teilhabe an der<br />
„Formung“ nicht mehr notwendig; genau wie Rebay gefordert hatte, war nun allein der<br />
Umgang mit abstrakten Formen ausschlaggebend. Dieses Schweigen selbst war „beredt“,<br />
denn es unterstellte zugleich eine „Unterwerfung“ unter die Regeln des Diskurses. Diese<br />
2 Umberto Eco folgend, kann man einen strategischen Gegenentwurf der K nstler annehmen: „Erst als<br />
im Zuge der allm hlichen Etablierung der Konsumkultur die Gesellschaft mit leicht eing ngigen,<br />
leicht entzifferbaren Botschaften berschwemmt wird, wandelt sich das Selbstverst ndnis der K nstler.“<br />
(1989b, 253) Sie gehen daz ber, „keine Effekte mehr zu suggerieren und nicht l nger auf das<br />
Werk zu setzen, sondern fortan auf das Verfahren, das zum Werk f rt.“ (252) Eco bezieht diese<br />
Reaktion auf den Beginn der Moderne generell, aber sie scheint sich hier in einer neuen Variante zu<br />
reproduzieren.<br />
3 Auf diese Begriffsverwirrung geht zwar z. B. auch Sahl (1954) ein. Er pl diert f r eine Trennung<br />
zwischen der klassischen Abstraktion aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und lehnt im Gegenzug<br />
ab „jene spezielle, bald unter dem Kennwort des 'Automatismus', bald als reine geometrische Form<br />
sich anbietende Bewegung, die jede noch so entfernte Erinnerung an die gegenst ndliche Welt programmatisch<br />
ablehnt und sich einzig und allein auf die Inspirationen des Farbkastens oder der Mathematik<br />
verl ßt.“ (353) ber dieser Abgrenzung entgeht ihm die Notwendigkeit einer sprachlichen<br />
Differenzierung f r die zeitgen ssischen Ausformungen der ungegenst ndlichen Malerei.