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Kapitel 4<br />
blikanische eine - zumindest auf den ersten Blick - Gesellschaft ohne Klassenbewußtsein<br />
geworden sei. Die „nivellierte Mittelstandsgesellschaft“ habe nur noch einzelne Schichten<br />
vorzuweisen. „In der wiederaufgebauten Bundesrepublik [...] verband sich die konomische<br />
mit der technischen Elite, und die Hauptaufgabe der kulturellen Elite bestand<br />
darin, festzustellen, daß es keine mehr gab.“ (Grasskamp 1989, 125) Auch die Arbeiterschaft<br />
habe keine proletarische Identit t mehr vorzuweisen gehabt (vgl. Glaser 1990a,<br />
77). „An die Stelle der alten Klassengesellschaft trat als Leitbild die Mittelstandsgesellschaft,<br />
die man nun f r alle verwirklichen zu k nnen glaubte. Bestehende Ungleichheiten<br />
und Ungerechtigkeiten wurden bersehen zugunsten der M glichkeit, an der Konsumgesellschaft<br />
teilzunehmen.“ (79 f.) Der Verlust des proletarischen Klassenbewußtseins<br />
ging mit einer weiteren Verlagerung von Arbeitspl tzen aus der Industrie und vor allem<br />
dem Kleinhandwerk in den Dienstleistungsbereich berein. Doch das Sozialprestige der<br />
Angestellten stieg, denn ausschlaggebend f r soziale Anerkennung waren weniger<br />
bestimmte Berufszweige, sondern das in Form von Konsum zur Schau gestellte Einkommen.<br />
„Die neue Mittelschicht der Wirtschaftswunderzeit war nicht auf Besitz<br />
ausgerichtet, der selbst ndige Arbeitsweisen, sondern auf Einkommen, das Konsum<br />
erm glichte. 'Sch ner Leben' hieß die Devise f rs Mittelstandsgl ck.“ (80) 45<br />
Außerdem entwickelte sich in den fr hen 50er Jahren ein neuer Berufszweig, der der<br />
sog. leitenden Angestellten oder Manager, „die sich zu einer eigenen Kaste entwickelten.“<br />
(88) 46 „F r den Manager steht nicht freie Initiative im Mittelpunkt, sondern Planung;<br />
verschiedene Aufgaben innerhalb des Produktionsprozesses m ssen organisiert<br />
und koordiniert werden [...]. Die Manager heißen entsprechend Produktionsleiter, Gesch<br />
ftsf hrer, technischer Leiter, Verwaltungsdirektor“ (88). In dieser Gruppe fanden<br />
sich, folgt man Hermand (vgl. 1991, 155), die meisten Bef rworter der abstrakten Kunst,<br />
und im Gegensatz zum traditionellen Bildungsb rgertum k nnte man sie als Wirtschaftsb<br />
rgertum bezeichnen. Diese Berufs- bzw. Bev lkerungsgruppe repr sentierte nicht<br />
mehr die „Kulturnation“, sondern die „Wirtschaftsnation“, und in der ffentlichen Debatte<br />
ber die „Manager“ spiegelt sich daher auch ein Verteidigungskampf um den Wert<br />
der Kultur: G nter Engler schreibt am 17.7.52 in Die Neue Zeitung<br />
ber Die Manager<br />
45 Vgl. auch Grasskamp (1995, 35 f.), der den an einen Stil gekoppelten Konsum ab Mitte der 50er Jahre<br />
in den USA als Identit tsgrund beschreibt: „Identifikation wird mehr und mehr eine Frage des Stils<br />
sein.“ (36)<br />
46 Daß diese „Kaste“ zugleich als eine Bedrohung empfunden wurde, zeigt der Erfolg des 1949 in<br />
Deutschland ver ffentlichten Bestsellers Das Regime der Manager von James Burnham [us-amerikanische<br />
Erstver ff. 1941], der vor einer Macht bernahme seitens der neuen F hrungseliten in den<br />
Konzernen ber die gesellschaftliche Entwicklung warnte.