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Abstrakte Kunst als Modell einer neuen Ordnung 53<br />
er sich selbst als Pionier: „Welche Zeit, welche Aufregung, und welcher Erfolg. Ich kam<br />
mir vor wie ein 'Aufkl rer', der um J nger warb, die sich um ihn scharten. Ich handelte<br />
ohne Auftrag. Ich wurde zum Sprecher einer Idee. Einer Idee von der abstrakten Kunst.“<br />
(Domnick 1977, 229) Diese „Idee“ soll nachfolgend genauer untersucht werden.<br />
„Dieses Buch widme ich den Abstrakten. Es ist durch sie entstanden und wird durch sie<br />
getragen. M ge es in die H nde kommen, f r die es bestimmt ist.“ (Die sch pferischen<br />
Kr fte 1947, 1) So lautet die Widmung Domnicks auf der ersten Seite der Ver ffentlichung<br />
der Vortr ge und Texte der K nstler; eingeschoben sind einige Abbildungen, zum<br />
Teil in Farbe, der ausgestellten Werke von Fritz Winter, Otto Ritschl, Willi Baumeister,<br />
Max Ackermann und Georg Meistermann (Abb. 4-17).<br />
Ottomar Domnick ist in dem Sammelband selbst mit drei verh ltnism ßig umfangreichen<br />
Texten vertreten, die nachfolgend gemeinsam behandelt werden: Die Einf hrung mit dem<br />
Titel des Buches Die sc ferischen Kr fte in der abstrakten Malerei (1947), ber den<br />
Zugang zum abstrakten Werk (1947a) und Vorerlebnis und Vorgestalt in der abstrakten<br />
Malerei (1947b) (siehe Dokumentation 6.1). Gemeinsam kann man diese drei Texte als<br />
eine Definition und zugleich ein Manifest der abstrakten Kunst lesen.<br />
Ein Schwergewicht seiner einf hrenden Betrachtungen liegt auf der Konstatierung eines<br />
„Chaos“ und dagegen einer Erneuerung, der Schaffung einer besseren Welt durch die<br />
abstrakte Kunst. Wie viele seiner Zeitgenossen beginnt er daher seine Ausf hrungen mit<br />
einer Geschichtsexegese, in der die abstrakte Kunst historisch eingeordnet und gegen<br />
andere Kunstformen abgesetzt wird. Dabei steht die Abgrenzung zur nationalsozialistischen<br />
Kunst nur chronologisch an erster Stelle. „Der vom Dritten Reich<br />
diktierte naturalistische Stil war eine Episode in Deutschland. Sie unterbrach nur nach<br />
außen hin die Entwicklung. Verborgene Kr fte ließen das 'andere' weiter wachsen.“<br />
(1947, 13) Domnick proklamiert eine ungebrochene evolution re Entwicklung hin zur<br />
abstrakten Kunst, in der die Diffamierung durch den NS nur als eine bedauerliche<br />
Irritation ohne nachhaltige Auswirkung zu verstehen ist; und er geht nachfolgend nicht<br />
wieder explizit auf sie ein. Die abstrakte Kunst aber markiere die „geistige Entwicklung“<br />
(13), die sich trotz dieser ußerlichen Unterbrechung weiterentwickelt habe und nun<br />
wieder ungest rt zeige. Sie betreffe keinesfalls nur die bildende Kunst: „Die<br />
Auseinandersetzung mit der abstrakten Malerei ist daher eine Forderung unserer Zeit,<br />
nicht so sehr eine allein nstlerische Angelegenheit.“ (13) Domnick versucht diese<br />
Notwendigkeit psychohistorisch zu erkl ren. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts habe ein<br />
„Umbruch“ eingesetzt: „Wenn in der Renaissance aus dem naiven Menschen der