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Vom Kunstwunder zum Fr uleinwunder 199<br />

phischen Verh ltnisse: 1945 kamen z. B. in Berlin auf 1000 Frauen im erwerbst tigen<br />

Alter nur 582 M nner, und diese Relation nderte sich bis Ende der 50er Jahre nur unwesentlich<br />

(vgl. Meyer/Schulze 1985, 92). Schließlich wurden rund ein Drittel der Haushalte<br />

von Frauen gef hrt. Aber auch in den Haushalten mit m nnlichem „Haushaltsvorstand“<br />

lagen die Entscheidungen ber Kaufverhalten und „Wohnkultur“ - ein Modewort<br />

der Fifties - in den H nden der Frauen. Dies ermittelte 1951 das Emnid-Institut und<br />

entdeckte damit die Frauen - wieder einmal - als Zielgruppe der Werbung und der<br />

Konsumindustrie, und mehr noch: als Motor des Wirtschaftswunders (vgl. Carter 1997,<br />

Kap. 2; Bangert 1990, 158). Erst die Frauen schufen einen Bedarf f r moderne<br />

Konsum ter und waren f r ihre Durchsetzung im Alltag verantwortlich. Daß sie allerdings<br />

ausschließlich „stromlinienf rmige“ Gegenst nde erwarben, ist eine konstruierte<br />

Verkn fung.<br />

Die „angewandte Strenge der Guten Form“, so Barbara Mundt, hatte „grunds tzliche<br />

Schw<br />

hen: ihre V ter duldeten keine anderen G tter neben sich. Die Folge ist bekannt:<br />

gegen die verordnete Kargheit lehnte sich die Industrie auf, die aus der Variation lebt. Es<br />

opponierte aber gleichermaßen das sinnlichere [sic] K uferpublikum, das Formvielfalt,<br />

Farbigkeit, Muster und Ornamente verlangte - schwellende Formen wie an italienischen<br />

Autos, kurvende Konturen wie an amerikanischen Ger ten und farbige Muster wie auf<br />

abstrakten Gem lden“ (Mundt 1993, 9). Diese Beschreibung zeigt einen der wichtigsten<br />

Aspekte dieser sich in Europa durchsetzenden Produktgestaltung: die Dynamik, Sinnlichkeit<br />

und die K rperbetonung dieser Formensprache. Brigitte Selden betont die<br />

„eigenst ndige, k rperliche Sprache gegen einen 'bildlosen' Funktionalismus“ (1992, 121)<br />

der „guten Form“ und folgert: „der Erfolg beruhte auf einer kommunikativen Qualit t der<br />

Produkte.“ (126) „Der sichtbare Schwung der organischen Form entsprach dem Zeitgef<br />

hl der f nfziger Jahre, die vom vorw rtsdr ngenden Optimismus des Wirtschaftswunders<br />

[...] gekennzeichnet waren. Fließende Formen und skulpturale Dynamik konnotierten<br />

die wiedergefundene Bewegungsfreiheit und Mobilit t.“ (122)<br />

Nach den langen Jahren der Not und Entbehrungen bestand ein Be rfnis nach großz -<br />

gigen, farbigen, sinnlichen, dynamischen Formen - dies heben viele zeitgen ssische Berichte<br />

hervor. 27 Die Industrie reagierte sofort auf diesen Trend 28 und b ndelte und verst<br />

rkte diese Be<br />

rfnisse mit dem Ziel der Absatzsteigerung.<br />

27 Dies zeigt sich unter anderem in der großen Resonanz auf den igen New Look der Dior-Mode, den<br />

man zwar heute als Zeichen f r die Reformulierung traditioneller Geschlechterrollen nach dem Krieg<br />

erkannt hat, der aber nach nur wenigen Protesten auch von den deutschen Frauen trotz der anhaltenden<br />

Materialknappheit rasch imitiert wurde (vgl. Kohl 1989).

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