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142<br />
Kapitel 3<br />
In diesem Zusammenhang bekommt auch die Sch nheit, von der Rebay behauptet, daß<br />
sie eine tiefere Wahrheit verdecken k nne, eine weitere Bedeutung. Die Sch nheit des<br />
Bildes kann nach Rebay eine innere Gesetzlichkeit, eine innere Ordnung vorstellen. Sie<br />
ist nicht an sich verwerflich, sondern wird Ausdruck eines neuen Lebensgef hls, das<br />
gleichwohl die alten Werte repr sentiert.<br />
Das Schlagwort „Freiheit“ kann nach dieser Codierung auch heißen, frei zu sein von<br />
einer Verantwortlichkeit und einer Geschichte, die selbst in der deutschen abstrakten<br />
Kunst durch eine Verweigerung der Technikgl ubigkeit ein ikonographisches Echo<br />
fanden, indem auf geometrische Darstellungen weitgehend verzichtet wurde (siehe S.<br />
92). Freude und Genuß - so lautet das neue Postulat - sind nur m glich im Blick in die<br />
Zukunft und ihre materiellen Versprechungen, und hierin besteht keinerlei Widerspruch<br />
mehr zu den Zielen der abstrakten Kunst als individualpsychologisches Ausgleichs-<br />
Programm.<br />
Ausgehend von ihren f r ein amerikanisches Publikum ausgearbeiteten Reflexionen ber<br />
die abstrakte/ungegenst ndliche Kunst erweitert Hilla Rebay mit dieser Ausstellung die in<br />
(West-)Deutschland bestehende Codierung der abstrakten Kunst in eine neue Richtung<br />
und vereinfacht sie gleichzeitig. Die Spaltung zwischen Natur und Technik, das<br />
konstatierte „Chaos“ der Modernisierung, das Problem des nicht bew ltigten NS und des<br />
verheerenden Krieges finden nicht in den Bildern selbst ihren Ort, sondern in ihrem<br />
Bezugssystem, den Betrachtern. Deren innerliche „Verunreinigung“, deren innerliche<br />
Br che, vermag angeblich nur die rein ungegenst ndliche Kunst als Anleitung zur<br />
Ordnung und als Ausdruck einer h heren Gesetzlichkeit zu kitten, indem sie Mittel an die<br />
Hand gibt, diese Br che auszuhalten, mit ihnen zu leben. Sie k nnen jenseits der Kunst<br />
bestehen bleiben, durch die Rezeption der abstrakten Kunst aber gelangen die<br />
gegens tzlichen Erfahrungen zu einer Synthese, ohne den Anspruch auf gesellschaftliche<br />
Ver nderungen zu erheben. Die Gegenstandslosigkeit in der Malerei wird als „reines“<br />
Spiegelbild des befreiten, selbst ndigen, aber auch gespaltenen modernen Menschen<br />
behauptet. Eine Identifizierung mit der abstrakten Kunst als therapeutisches Heilmittel<br />
setzt ein Bekenntnis zu einem verinnerlichten „Bruch“ voraus, ber den man sich erheben<br />
soll. Auf diese Weise wird die Rezeption der ungegenst ndlichen Kunst parallel zu der<br />
deutschen nationalen „Identit t des Bruchs“ (vgl. Klenke/Tholen 1988) konstruiert.