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Mit abstrakter Kunst auf dem Weg zur ck in die Zivilisation 123<br />
vielmehr ein Hinweis darauf, daß der sich wieder installierenden Politik gegen ber ein<br />
grunds tzliches Mißtrauen bestand. Gerade die bildende Kunst, so wurde in diesen Jahren<br />
nach den Erfahrungen des NS immer wieder gefordert, solle sich unabh ngig von<br />
jedweder politischen Situation frei entfalten k nnen. Heute ist es wieder eine Selbstverst<br />
ndlichkeit, daß Ausstellungen nicht aus staatlichen oder kommunalen Institutionen<br />
hervorgehen, sondern aus anderen Initiativen entstehen - in den 40er und 50er Jahren<br />
war es das nach den Erfahrungen mit dem NS und seiner zentralistischen Kulturpolitik<br />
nicht. 41<br />
Im Gegensatz zu Domnick, dessen Rezeptions sthetik eine (kleine) Gruppe von Betrachtern<br />
anspricht, die die Keimzelle einer neuen Gesellschaft sein sollen, zielt Rebay nun<br />
verst rkt auf den einsamen, in sich zur ckgezogenen Rezipienten - sie zeigt damit gleichzeitig<br />
eine pragmatische Zielgruppenorientierung.<br />
Das Mittel der Kunst, di ußerliche Sch nheit, hat nach Rebay das Potential, auf eine<br />
geheimnisvolle Art unbewußt geistige Werte zu vermitteln. Und dieser Vorgang wird als<br />
privater, individueller dargestellt, der nicht vermittelbar und nicht kontrollierbar sei.<br />
Allein die Behauptung, sich durch solche Bilder „ber hrt“ zu f hlen, steht demnach f r<br />
eine berwindung der „irdischen Gebundenheit“ (Rebay 1948, 10). Diese Art der Teilhabe<br />
am Diskurs kann sprachlos erfolgen. Die F higkeit, ein Gef e aus rein ungegenst<br />
ndlichen Formen zu rezipieren, wird zum Qualit tsmerkmal des Rezipienten, das er<br />
nicht nachweisen muß. Dieses Modell scheint den f r die Funktionsweise eines Codes<br />
zentralen Aspekt der sozialen Kontrolle, der bei Domnick durch ein gemeinschaftlich<br />
zelebriertes Bekenntnis zur abstrakten Kunst gefordert war, zur ckzunehmen und durch<br />
das Versprechen von „Freude“, „Genuß“ und „Sch nheit“ zu ersetzen. Doch Rebay f hrt<br />
einen zweiten, parallel zu dem ersten gef hrten Diskurs, der sich speziell an ein deutsches<br />
Publikum zu wenden scheint. Hierbei wird eine andere Form des kollektiven Anreizes zur<br />
positiven Rezeption der ungegenst ndlichen Malerei installiert, die sich unter den<br />
damaligen Umst nden aber durchaus auch als Drohung interpretieren l ßt.<br />
41 Ein einzelnes Kulturzentrum oder einen zentralisierten Kunstmarkt gab es in Deutschland nie. Der<br />
Versuch Adolf Hitlers, das Kunstgeschehen ber die Reichskulturkammer zentralistisch zu steuern,<br />
ging an der kulturellen Tradition und dem daraus entstandenen weitverzweigten Netz der kulturellen<br />
Institutionen vorbei - das die Nazis allerdings f r ihre Zwecke zu nutzen verstanden. ber<br />
„Regionalismus und Internationalismus“ der deutschen kulturellen Szene bis zum NS vgl. Grasskamp<br />
1989, 33-36.