Download (8Mb)
Download (8Mb)
Download (8Mb)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Abstrakte Kunst und Wirtschaftswunder 185<br />
des deutschen Handwerks sicherzustellen.“ (Borngr ber 1985, 229) Dies f hrte sp ter<br />
zur Gr ndung des „Rats der Formgebung“.<br />
Daß die Form „Ausdruck geistigen Inhalts“ sein kann, verdankt sie auch nach Meissner<br />
dem Entwurf des besonders begabten, sch pferischen K nstlers, der mit rationalen Faktoren<br />
nicht zu fassen sei. Hiermit reproduziert sie den schon bekannten K nstlermythos,<br />
wobei sie diesen Begriff allerdings extrem erweitert und auch den Musterzeichner (vgl.<br />
46) und industrial designer (vgl. 58) unter diese Kategori hlt. „Was jeweils von den<br />
Gr ten als sch pferischer Impuls ausgeht, gibt in immer gr eren und immer flacher<br />
werdenden Wellen der ganzen Zeit ihre Gestalt.“ (13) Auch Industrieerzeugnisse aber<br />
seien durch dieses Modell noch „Ausdruck geistigen Inhalts“ (14). Mit diesen Darlegungen<br />
bertr gt auch Meissner das bereits vorgestellte Modell des genialen K nstlersch p-<br />
fers, der das „wahre“ Wesen der Nation aufzudecken, zu aktualisieren und zu materialisieren<br />
vermag (siehe S. 75 f.), auf die Hersteller industrieller Erzeugnisse. Konsequenter<br />
noch als Schulze Vellinghausen, der auch den Unterschied zwischen bildendem K nstler<br />
und Designer nicht mehr hervorhob (siehe S. 170), definiert Meissner hier die „Aufgaben<br />
des K nstlers in der Massen-Gesellschaft“ (Grochowiak 1991, 179). Die Beweger der<br />
nationalen Wiederauferstehung aus inneren, „wahren“ Urformen werden als die urspr<br />
nglichen Erzeuger industrieller Produkte (Formen) definiert, die den erfolgreichen<br />
wirtschaftlichen Wiederaufbau garantieren. Die Betonung dieser Parallele gesteht den im<br />
wirtschaftlichen Aufbau Aktiven ein hnliche, aber nachgeordnete „Sch pferkraft“ wie<br />
den abstrakten K nstlern zu; das aus dem nstlerischen Produktionsprozeß entwickelte<br />
Modell der nationalen Erneuerung wird auch auf die Technik, Wirtschaft und ihre<br />
Rezipienten bertragbar.<br />
Es scheint, daß hier in Analogie zu den Modellen, die auch Rebay und vor allem<br />
Domnick formulierten, ebenfalls eine Teilhabe an den durch die Kunst garantierten Werten<br />
angeboten wird. ber den Topos der „Formung“, die sich auch in Alltagsgegenst n-<br />
den finde, bietet auch die Recklinghausener Ausstellung das Angebot einer Teilhabe an<br />
dem mit der abstrakten Kunst verkn ften Kreativit tsmodell. Große Perdekamp hob im<br />
Katalog hervor, daß die Ausstellung den „Gestaltwandel unseres gesamten Lebens im<br />
t glichen Hausrat und vor allem im Wohnen dem (mitschwingenden) Erlebnis zug nglich“<br />
machen m chte (1952; Hervorhebung KB). Schulze Vellinghausen spricht von dem<br />
„geistige[n] 'Bild', das sich der Betrachter selbst herzustellen und zusammenzuf en<br />
hat.“ (1952; Hervorhebung KB) Das passive, „latente K nstlertum“ (Domnick 1947a,<br />
106) wird als Modell zu einer umfassenden neuen und der Zeit angemessenen kollektiven