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120<br />

Kapitel 3<br />

Jahrhunderts geh rt und von Kandinsky vor dem Ersten Weltkrieg ausgebaut wurde (vgl.<br />

Priebe 1986, 132 f.). Die bildende Kunst wurde als „psychotherapeutische Massenkur<br />

[...] gegen die kulturell bedingte, allgemein herrschende Neurose“ definiert (131). Der<br />

K nstler wurde - bef higt durch sein „Genie“ - zum Erretter aus einer kranken Epoche<br />

voller Angst, konkret auch Kriegsangst (vgl. 49) eingesetzt. Rebay schreibt in Anlehnung<br />

an diesen Topos in einem ihrer Sammelbriefe: „Wir sind die Propheten des 20. und 21.<br />

Jahrhunderts, die Grundsteine des ewigen Friedens“ (1947 Nr. 6, 1). 35 Doch Rebay versteht<br />

es, diesen alten Mythos 36 auf die Zeitgeschichte zuzuschneiden und auf diese Weise<br />

zu aktualisieren, indem sie bereits 1938 eine - auch f r heutige Verh ltisse noch - ußerst<br />

zeitgem ße Zielgruppe, die Manager, benennt: „The contemplation of a Non-objective<br />

picture [...] is particulary beneficial to business men, as it carries them away from the<br />

tiresome rush of earth, and strengthens their nerves“ (1938, 7). Neben ihrem Sendungsbewußtsein<br />

zeigt Rebay mit solchen Ausf hrungen einen marktorientierten Pragmatismus.<br />

Durch den engen Kontakt zu Solomon R. Guggenheim und seinem gesch ftlichen<br />

Umkreis war Rebay geschult darin, eine Klientel zu umwerben, die sich von dem traditionellen<br />

deutschen „Bildungsb rgertum“ unterschied. 37<br />

In den 40er Jahren weiß sie sich wiederum den Zeitl uften anzupassen. In einem Interview<br />

38 1946 sagt sie: „Denn diese neuen Gem lde k nnen sogar solchen geistig kranken<br />

Menschen, deren Geist durch den Krieg und die Grausamkeiten dieser Erde schwer ersch<br />

ttert ist, einen tiefen Eindruck bieten; diese hoch geordnete Kunst beeinflußt derart,<br />

so daß ihr Geist wieder harmonisch werden kann.“ (Rebay 1946, 3) Auch im Ausstellungskatalog<br />

von 1948 verspricht sie, daß die K nstler „Anregung, Beruhigung oder<br />

Aufschwung“ (14) zu vermitteln f hig seien. Welch ein Angebot an die zerm rbten Deutschen<br />

im Jahr 1948!<br />

35 Sie nimmt hiermit Bezug auf ihre eigene nstlerische T tigkeit und außerdem auf ihre zentrale Rolle<br />

als Kunstvermittlerin (vgl. von der Bey 1989). Sie rechnete sich in der Nachkriegszeit durchaus selbst<br />

zu den nstlerischen Genies (vgl. von der Bey 1990, 101-103).<br />

36 „Die [...] Rolle [...], die den K nstler als 'Heilenden', als geistigen F hrer und Therapeuten bis in die<br />

Gegenwart herausstellt, wurzelt einerseits in der Tradition des biblischen Prophetismus und andererseits<br />

im Brauchtum des christlichen Heiligenkults, der untrennbar mit der antiken Vorstellung von<br />

der 'Heilswirkung' des Heros verbunden ist.“ (Neumann 1986, 95)<br />

37 Guggenheim selbst hatte sein Geld im Bergbauwesen verdient. Siehe auch Anm. 34.<br />

38 Dieser Text existiert in einer maschinenschriftlichen deutschen bersetzung im Archiv von Rebay in<br />

Wessling. Mit großer Wahrscheinlichkeit geh rte er zu den Texten, die Rebay in Deutschland nach<br />

dem Krieg postalisch verbreitete.

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