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„Deutsche“ Kunst nach 1945 7<br />
Ost aufkommen. Sie wird nun r ckblickend als ein Konstrukt entlarvt, das die<br />
Definitionsmacht der Westdeutschen ber kulturelle Entwicklungen im Namen „der<br />
Deutschen“ sichern und damit gleichzeitig die Vorherrschaft und den Anspruch auf<br />
„richtige“ Auslegung der Traditionen manifestierten sollte. Offenbar ist Kultur als utopischer<br />
Entwurf nationaler Einheit dann nicht mehr n tig, wenn der Staat diese Einheit<br />
garantiert. Die „Kulturnation“ hat dann als Modell ausgedient (vgl. Giesen 1993, 254),<br />
und statt dessen haben Abgrenzungsmuster Konjunktur, die in der Zeit der Zweistaatlichkeit<br />
noch im Widerspruch zur weitaus m htigeren Einheitsutopie standen.<br />
Entsprechend zeigte sich im Teilbereich der bildenden Kunst, die hier im Mittelpunkt des<br />
Interesses steht, nach 1990 keineswegs eine gemeinsame Proklamation des einenden<br />
„Deutschen“ mehr, das wom glich in der neoexpressionistischen Kunst visualisierbar sei.<br />
Die Phase der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vereinigung der beiden<br />
H lften Deutschlands ging und geht in diesem Bereich vielmehr mit heftigen Abgrenzungen<br />
berein (vgl. Grasskamp 1992, 127-135): Die aktuelle westliche Kunst sei die Spitze<br />
der nstlerischen Entwicklung und stehe den Spielarten des sozialistischen Realismus in<br />
der ehemaligen DDR gegen ber. Diese seien nicht nur veraltet und unmodern, sondern<br />
auch politisch beeinflußt - so die weit verbreitete Sicht in den alten Bundesl ndern (vgl.<br />
auch Grasskamp 1992, 128). 4 Die „freie“ Kunst des Westens - heute vor allem durch<br />
Installationen, Video- und Computerkunst repr sentiert - wird dabei im Gegensatz zum<br />
sozialistischen Realismus in Nachfolge der „abstrakten“ Kunst verstanden, die die Infragestellung<br />
des Kunstwerkes mit malerischen Mitteln eingeleitet habe, was gleichzeitige<br />
realistische bzw. gegenst ndliche Ans tze durchaus mit einschließe. Denn auch wenn<br />
zugestanden wird, daß die DDR-Kunst seit den 70er Jahren „pluralistisch perforiert“<br />
(H bl 1990, 82) sei und abstrakte Bilder dort inzwischen zum Repertoire geh rten, so<br />
klingt doch weithin Mißtrauen an: „Wo das Informelle, Konstruktivistische, Konzeptuelle<br />
nicht eigentlich den Rang einer nstlerischen Sprache erh lt, sondern eher als eine Art<br />
Dialekt geduldet wird; wo es als abgemacht gilt, daß die Kunst einen Beitrag zur intellektuellen<br />
Auseinandersetzung mit der Gegenwart nur ber die Figuration oder ber das<br />
Narrative zu leisten vermag - dort erh lt der Schritt weg vom Hauptstrom des Erw<br />
nschten bereits solches Gewicht, daß das Erarbeiten der nstlerischen Botschaft in<br />
4 So nimmt beispielsweise Marius Babias anl ßlich der Diskussion um die Aufl sung der Staatlichen<br />
Kunsthalle 1993 in Berlin im Berliner Stadtmagazin Zitty Partei gegen das „Kulturfossil“ Dieter<br />
Ruckhaberle, den damaligen Leiter der Kunsthalle, und pl diert folgendermaßen f r ihre Schließung:<br />
„Bleibt nur noch die Totalaufl sung einer Institution, die, obwohl in ihren Statuten der Pflege zeitgen<br />
ssischer Kunst verpflichtet, dem Besucher seit Jahr und Tag den verquasten sozrealistischen Kunstfimmel<br />
ihres Direktors zumutet - ob Petrick, Sitte, Ipousteguy oder Grass.“ (Babias 1993)